|
Leipzig
Magdeburg
Zwickau
Erfurt
Bochum
Köln
Cottbus
Dresden
Rostock
Berlin
Magdeburg
Wernesgrün
Nürnberg
Hannover
Bremen
Osnabrück
Hamburg
|
|
Für Tonträger und Tourneen hat er immer ein besonders treffendes Motto gefunden. Als Original zum Vierteljahrhundertjubiläum überraschte er einst das Publikum mit einem Potpourri seines bisherigen Schaffens und in den Jahren darauf sorgte er für Klare Verhältnisse und Protest. Die Sanduhr läuft unerbittlich weiter und Heinz Rudolf Kunze steht immer noch in der Blüte seines Schaffens und bietet einen weiteren Höhepunkt seiner Karriere. Er nennt es stilvoll und seiner Liebe zur deutschen Sprache würdig Die Gunst der Stunde! Eine sehr erfolgreiche CD bringt er dann zum 30 jährigen Bühnenjubiläum auf den sich stets verändernden Markt, und er geht auch im Jahre 2011 wieder auf Tour mit großer Verstärkung, einer Band, die sich musikalisch immer weiter entwickelt und aus Musikern besteht, die selbst beeindruckende Erfolge feiern und insgesamt mit das Beste darstellen, was derzeit auf deutschen und auch internationalen Rockbühnen zu finden ist.
Mit diesem Pfund im Gepäck beendet Heinz Rudolf Kunze seine Jubiläumstour traditionell in der Hansestadt Hamburg und dort auf dem Kiez, mitten im Getümmel, in der Grossen Freiheit 36, in der Kampfzone Mitte. Am 13. April 2011, pünktlich um 20 Uhr, kündigt eine bunte Spotlightshow das Spektakel an und dann wird’s schnell rockig, klar und präsent. Kampfzone Mitte ist ein Opener nach dem Geschmack des Hamburger Publikums, welches mit dem ersten Takt mitgeht. Der legendäre Club ist ausverkauft, 1.500 Menschen feiern Heinz Rudolf Kunze.
Straight folgt Da müssen wir durch aus dem überaus schönen Album Rückenwind, welches die Ära der aktuellen Verstärkung einläutete, welche mittlerweile gut zusammengewachsen ist. Links, vom Zuschauer aus gesehen, spielt und tanzt noch zusätzlich, wie schon zu „Protestzeiten“, Zoran Grujovski an der Gitarre, der Mann mit mazedonischem Hintergrund, der aber hamburgischer spricht als die anderen Hamburger dieser Kapelle. Am Bass daneben der Arrangeur und Produzent, Theatermusiker, und rhythmische Herzschrittmacher Leo Schmidthals, der mit Selig herausragende Erfolge feiert. Am Schlagzeug arbeitet und kämpft bedingungslos stark Jens Carstens, ein stets ausgebuchter Trommler. Seit 14 Jahren ist Matthias Ulmer dabei, Keyboarder und ruhige Hand aus dem Hintergrund, zuständig für Klangteppiche und Impulse. Und Jörg Sander, dieses Jahr auch mit einer etwas verkleinerten Version der „Kunzebrille“ im Gesicht, ist schlicht und ergreifend einer der besten Leadgitarristen Deutschlands.
Das Publikum nimmt HRK von vornherein seine Hamburgangst. Er sagt zur Begrüßung, daß er hier einen Ruf zu verlieren habe. Spätestens mit „Ich glaub du liebst mich“ wird eindeutig klar, daß es ein lautes, gradliniges und sehr launiges Kunzekonzert werden wird. Nachdem die sehr eingängige, wenig chamäleonartige neue Platte ein durchaus umstrittenes Echo beim Hardcorefan auslöste, ist live viel mehr Energie zu erleben. Viel Spaß und kein weichgespültes Einerlei, welches schon der eine oder andere befürchtete. Da aber auch die Jubiläumsplatte lyrische Spielereien und intelligente Slogans enthält, schöpft HRK mit seinen Mannen geschickt aus diesem Fundus. Live fehlen die Bläserarrangements, und auch wenn Matthias Ulmer diese hier und da ersetzt, mag an dieser Stelle so mancher Freund alter Rocktraditionen aufatmen und sich sogar ausgesprochen freuen.
Es gehen Herzen auf bei Der stille Gast, auch wenn dieses sehr ernste Thema Tod eine sensible Art der Bewältigung verlangt. Das gelingt auch an diesem Abend. Zoran bedient das Klavier, an solchen Szenen erkennt man das Ineinandergreifen einer Gruppe von Vollblutmusikern.
Längere Tage ist auch wieder im Gepäck und je öfter man diese Nummer hört, desto mehr gewinnt sie. Mit Susanne es ist aus, erlaubt sich HRK eine „Gemeinheit“ wie er selbst sagt, aber dies sei immer so, wenn man Echtnamen benutze. Das Publikum nimmt dies als Gute-Laune-Nummer an. Nach „Wo warn wir stehengeblieben“ folgt der erste Sprechtext: „Abschalten!“.
Die Ereignisse von Japan, die Atom- und Tsunamikatastrophe, veranlassen HRK zu einer ehrlichen Ansage: „Ich bin doch auch nicht schlauer als ihr.“ Mit einem bombastischen Intro folgt die berührendste Version von Lamm Gottes.
In Wie man tanzt und singt bietet der Dichter an, was man seinem Kind in schwierigen Zeiten fürs Leben mitgeben kann.
Aber auch diesmal leistet sich HRK eine Unplugged-Nische, wie schon 2009. Alle sechs begeben sich nach vorne, nehmen Platz und spielen mit Zupfgitarren, dem schon klassischen Gajon für Besetzungen mit kleinem Besteck, dem atmosphärischen Akkordeon und einem gut gelaunten HRK, der an dieser Stelle seine Band vorstellt, drei leisere Nummern der neuen Platte: In der Mitte der Sanduhr, Jeder weiß, und Unbeliebt. Diese Ruhezone mit besonders intelligenten und tiefen Texten in echter Kunzetradition auf höchstem Niveau ist Verdichtung und Lyrik, auch an so einem Rockabend.
Laut und hart wird es bei Verraten und verkauft. Dies sind die Momente im Konzert, denen Jörg Sander mit typischen Gitarrenposen am Bühnenrand seinen Stempel aufdrückt. Wunderbar auch eine neu arrangierte Version von Brille, welche sich dem zweiten Sprechtext anfügt, in dem es um das Alter, Justin Bieber, aber auch Hitler geht – Der ewige Kampf in der Öffentlichkeit um Eitelkeit und mit der Geschichte.
Die bei dem einen oder anderen Fan umstrittene Nummer „ch liebe dich überzeugt im Livekleid. Heinz singt es so leidenschaftlich vertieft, daß man dem Sänger glauben will. Der ernsthaft anspruchsvoll intelligenten Reim „Verstehst du mich“ macht dieses Lied so besonders und in einer schwer beschreibbaren Weise eigen.
Hunderttausend Rosen ist der nächste Spagat – einer zwischen dem Stammpublikum und dem Kunze in der Öffentlichkeit, so in Fernsehsendungen wie „Carmen Nebel“.
HRK greift Pressestimmen auf, die behaupten, das Lied schramme dicht am Schlager vorbei. Er rückt zurecht: „Wenn ich etwas mache, dann richtig: Das ist ein Schlager!" Und so wird aus dem Spagat eine Tanzpirouette. Man kann dazu stehen wie man will, und man kann schwer voraussagen, wie das Hamburger Publikum damit umgehen wird: In Hamburg regnet es aus der ersten Reihe Rosen auf die Bühne. Dem ist dann auch nichts mehr hinzuzufügen. Höchstens die Tatsache, daß es sich hier um kein zweites Dein ist mein ganzes Herz handelt.
Ganz lange hat HRK nicht mehr Du wirst kleiner wenn du weinst gespielt. Das ist für Altfans eine von mehreren erfreulichen Überraschungen an diesem Abend.
Das erstaunlichste, eigentlich ein „Unding", ist aber ein neuer Song, an einem Tag getextet, arrangiert und komponiert, dann bereits am ersten Konzertabend dieser Tournee in Leipzig mit dieser grandiosen Besetzung auf die Bühne gebracht: Ihr findet keine Insel widmet sich Japan und dieser unfassbaren Katastrophe, welche kurz vor Beginn der Tour die Welt bewegte. Man kann diesen Song downloaden und sollte es auch tun, denn der Erlös kommt komplett den Opfern in Japan zugute.
Dein ist mein ganzes Herz und Finden Sie Mabel beenden das Programm vorerst in noch nie gehörten Versionen. Die Kraft läßt nicht nach!
In der ersten Zugabe deutet das Gitarrenduell von Zoran und Jörg zunächst noch ein ganz neues Stück an. Aber man kennt das irgendwoher und auch ziemlich gut. Es ist eine wirklich authentisch gespielte Version von „Whatever you want“, eine der erfolgreichsten Status Quo Nummern, aus der HRK ein deutsch verspieltes „Was immer du willst“ macht – Eine heiter rockige Idee. Es folgt Lola in bekannter Manier. In der zweiten Zugabe gibt es „Mit Leib und Seele“ und „Ich habs versucht“ – ganz vertraut und doch ganz neu.
Zum Tourende erscheint die Band zu guter Letzt in „Udo Jürgens' Bademänteln“ und intoniert exklusiv für das Hamburger Publikum Wenn du nicht wiederkommst.
Tief bewegt verabschiedet sich Heinz mit Schlaf gut. Leo begleitet ihn am Cello. HRK hebt ein paar Rosen vom Bühnenrand auf und legt seine Hand aufs Herz. Ein bewegendes Ende einer schönen Jubiläumstour, ein runder Abschluss für diesen Konzertabend mit dem besonders treuen, aber auch besonders kritischen Hamburger Publikum, welches wieder einmal sein inniges Verhältnis zum Künstler bewiesen hat. HRK ist nach 30 Jahren in der „Kampfzone Mitte“, im harten Geschäft des Business mit seinen besonderen Anforderungen, sich in den Charts platzieren zu müssen, um ganz oben mitzuspielen, nicht müde geworden. Nein, ganz im Gegenteil.
Matthias von Schramm, April 2011
|
|