Meine Wünsche
Er ist mir lebenslang ein guter Mann gewesen.
Eine Seele von Mensch, hat auch der Pastor gesagt.
Er hat mir morgens aus der Zeitung vorgelesen.
Er war sehr streng, jedoch ich hab mich nie beklagt.
Er hat die Kinder stets zur Gottesfurcht erzogen.
Er hat mir niemals zum Geburtstag gratuliert.
Das war nicht schlimm, ich weiß, es hätte ihn verbogen.
Er hat mich doch, so gut er konnte, respektiert.
Ich habe vieles, was er sagte, nicht verstanden,
auch wenn ich spürte, daß es gerade mich betraf.
Beim Reden war'n wir immer scheu wie Konfirmanden.
Doch manchmal wand er sich und redete im Schlaf:
"Meine Wünsche haben nichts zu tun mit dir
meine Wünsche haben nichts zu tun mit mir"
Ich sitz am Küchentisch und vor mir dieses Päckchen
im Wert von hundertsiebenundsechzig Deutsche Mark.
Drauf steht EROTICA VERSAND, ich mag's nicht öffnen.
Vor einer Stunde stand ich noch vor seinem Sarg.
Ich schieb die Töpfe hin und her auf den Regalen.
Er hat hat vor einer Woche so etwas bestellt.
Ich habe keine Wahl, ich muß dafür bezahlen.
Und hundertsiebenundsechzig Mark sind schließlich Geld.
"Meine Wünsche haben nichts zu tun mit dir
meine Wünsche haben nichts zu tun mit mir"