Cover der DVD-Box "In alter Frische"

1985

Der Text zu "Kilian (Eine Jugend in Deutschland)" ist ebenfalls in folgendem Buch erschienen:

Cover des Buches "Papierkrieg" Papierkrieg

Kilian (Eine Jugend in Deutschland)

Mit 13 beim Versuch, zur gleichen Zeit zu pinkeln und zu rauchen,
auf die Pimmelspitze geascht.
Einmal die Woche das große Glücks-Rubbeln in der HörZu.
Und jede Nacht der gleiche Traum:
Ein Aufschlag von Boris Becker trifft dich voll auf deinen wunden Punkt
und Nena steht am Spielfeldrand und lacht.

Kilian fand sich selber
manchmal schon ein wenig sonderbar
ich denke oft an Kilian
Kilian der nie auszurechnen war

Mit 15 eines Morgens beim Betreten der Schule zusehen müssen,
wie einer aus deiner Klasse einem kleinen Portugiesen in der
Schwingtür genüßlich den Arm bricht. Bis du dich bewegen kannst,
hat es schon geknackt. Später sagt der Videot:
Ich wollte nur mal sehen wie das ist.
Du hältst dir tagelang die Ohren zu.

Kilian hatte Angst vor etwas
wußte nicht den Namen der Gefahr
ich denke oft an Kilian
Kilian der nie auszurechnen war

Mit 18 sieht man dich seltener. Wehrdienst oder Zivildienst,
jedenfalls Dienst an einem Gemeinwesen, von du eines
begriffen hast: Sein Wesen ist vorzugsweise das Gemeine.

Mit 20 beziehst du die Uni, wo es still ist
wie in einer Gummizelle. Du wohnst in einer Bude ohne Bad.
Einmal die Woche spritzt dich die Polizei ab.
Täglich meldet sich eine Stimme zu Wort,
die dich auffordert zu schweigen.
Du weißt täglich weniger,
wie du ihr widersprechen sollst.

Kilian wurde älter
namenlos und sprach nur noch in bar
ich denke oft an Kilian
Kilian der nie auszurechnen war

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