Deutschland
(Verlassen von allen guten Geistern) Version '90
Von Lehrern totgeschwiegen
wie ein peinlicher Infekt.
In Landserheften haben wir
dein Nachtgesicht entdeckt.
Vergiftet von Gewinnern
und vergessen von dem Rest,
Zuhausesein in Deutschland:
Schützengraben, Schützenfest.
Treibhaus des Freien Westens,
nur in Preußen blieb es kalt –
es hat dich bis auf weiteres zerrissen.
Wir akzeptierten lange
deine traurige Gestalt,
wie Kinder, die nur lieben, weil sie müssen.
Verlassen von allen guten Geistern,
im Größenwahn verjubelt und verbrannt,
bewohnt von einem strammen Stamm von Meistern,
du neunmalkluges, armes deutsches Land.
Ich möchte eine Heimat haben.
Ist denn das zuviel
verlangt von diesem Fleck,
auf dem ich stehe?
Ich möchte von wo kommen,
denn ich möchte gerne bleiben.
Und wiederkommen wollen,
wenn ich gehe.
Von Leipzig bis nach Heidelberg,
von Freiburg bis Berlin
viel Licht und Schatten über alter Erde.
Nie wieder Angst vor deiner Angst,
nie wieder vor dir fliehn,
ich will, daß Frieden bleibt und erst mal werde.
Verlassen von allen guten Geistern,
geteiltes Herz geknebelt vom Verstand.
Bewohnt von einem strammen Stamm von Meistern,
du schiefgelaufnes, nie geglücktes Land.
Verlassen sollst du sein von bösen Geistern,
die Mauer fällt, die Schrift bleibt an der Wand.
Bewohnt von Menschenfreunden statt von Meistern,
ein schönes, schlimmes, stinknormales Land.