Dein vorletzter Wille
Da liegst du nun. Regungslos, taub, stumm und blind,
ein Leben an hauchdünnen Schläuchen.
Kriegst kaum noch Besuch. Was immer man flüstert,
es kann dich ja doch nicht erreichen.
Noch pocht es in dir. Wir beobachten, prüfen,
vergleichen die Meßwerte ständig.
Du wirst allem Ermessen nach nie mehr erwachen
und bist unstrittig klinisch lebendig.
Erlöse mich, wenn es zum Schlimmsten kommt –
das war doch dein vorletzter Wille.
Ich berührte dich beinah und spürte kaum
Beschlag auf meiner Brille.
Die Tage vergehen und werden zu Wochen,
Sekunden so lang wie sonst Stunden.
Die Antworten liegen mir schal auf der Zunge,
die Hände von Fragen gebunden.
Da liegst du nun. Welche Schuld fordert als Preis
ein so rasend vergebliches Leiden?
Welch jüngstes Gericht hat deine Akte verlegt?
Muß Gott alles selber entscheiden?
Erlöse mich, wenn es zum Schlimmsten kommt –
das war doch dein vorletzter Wille.
Dein letzter war nur ein Schluck Wasser.
Und seither nichts als Stille.