Gelungener Tourauftakt im Künstlerdorf Worpswede
Die Tour 2005 wird in einer Landhaus ähnlichen Lokalität geprobt. Ins niedersächsische Worpswede haben sich Heinz Rudolf Kunze, seine Band und die Crew begeben. Nach unermüdlicher Vorarbeit findet hier auch das Eröffnungskonzert der Tour mit dem fälschungssicheren Namen "Das Original" statt. Der Auftrittsort, der äußerlich einer Scheune ähnelt und innen eine von vielen musikalischen Ereignissen geprägte Clubatmosphäre besitzt, nennt sich Music Hall, eine urige und sehr intime Plattform für HRKs Bühne – besonders dann, wenn wie am heutigen 5. April 2005 der Laden proppenvoll und ausverkauft ist.
Die Stimmung überträgt sich unmittelbar, von Beginn an ist das erwartungsvolle Publikum voll dabei. HRKs Version von "Bridge over troubled Water" von Simon & Garfunkel ertönt aus den Lautsprechern, als die Verstärkung gefolgt von Heinz die Bühne betritt. Das neue Album beginnt mit der ersten, der von Kunze komponierten Version des Liedes Immer für Dich da. So beginnt auch dieses Konzert. Das Publikum ist refrainsicher. Die Verstärkung entpuppt sich anschließend gleich als treibende Rockformation. "Das wahre Gesicht" und ein typischer Kunze 2005 wird sogleich spürbar. Auch wenn dieser Konzertbeginn keine große Überraschung für eingefleischte Fans darstellen dürfte, so ist beim "Original" auch diesmal sehr viel möglich. Kunze selbst sagt, daß er nie monochrome Platten mache und deshalb ist auch an diesem Abend kein einfarbiges Konzert zu erwarten. Der Sänger begrüßt das Publikum und hält die Stimmung hoch mit einem musikalischen Wink an alle Wunderkinder.
'Zweieinhalb Stunden ehrgeiziges Schaffen' kündigt HRK in einem seiner berüchtigten Sprechtexte in artifizieller Art und Weise an. Der Fan weiß, er kann diese augenzwinkernd vollmundige Botschaft, zumindest was die Konzertlänge angeht, getrost für bare Münze nehmen. Aus dem Jahr 1999 stammt Aller Herren Länder und ist schon seit geraumer Zeit ein Klassiker, bei dem immer wieder neue Arrangements die Besucher begeistern – so auch diesmal in Worpswede, wo das Rhythmusduo Jens Carstens und Wolfgang Stute ekstatisch in einen unterhaltsamen Dialog tritt, HRK eine seiner engagierten Mundharmonikaeinlagen folgen läßt und die Gitarristen Jörg Sander und Heiner Lürig gekonnte Solospiele bieten. Überhaupt – wie schon bei den Jubiläumskonzerten Dezember 2004 in Hannover zu bewundern – scheint die exponierte Präsenz zweier Gitarristen eine Bereicherung für die Verstärkung darzustellen.
Die siebenköpfige Kapelle tritt ebenso kraftvoll bei dem nächsten neuen Song auf: K., dem Tribut an das 'Rätsel aus Prag', welches musikalisch zeitweilig an eine Erkennungsmusik für einen spannenden Kriminalfilm erinnert. Fallensteller läßt wieder fast ausnahmslos alle Menschen in der "Music Hall Worpswede" mitsingen. Nach soviel Kraft ist es dann an der Zeit für die wunderschöne Ballade Geh mir nah. Akustisches Gitarrenspiel ertönt dann beim Zweiten Mann und auch 2005 geht HRK seine Eigenen Wege. Dies war bislang auch unüberhörbar.
Nach einer erneuten Mitsingnummer Finden sie Mabel ergötzt sich Heinz in einem Sprechtext am Modewort Feinstaub: "Asche zu Asche – Feinstaub zu Feinstaub!" Bitterböse die anschließende Eröffnungszeile von Madagaskar: "Die haben das doch gar nicht gewollt!" Viele langjährige Fans schwelgen dann in Erinnerungen, wenn es von der zweiten Platte heißt es: Regen in Berlin.
Natürlich fehlt auch hier nicht der Song zum evangelischen Kirchentag 2005. Mehr als dies besitzt für die Tourneebühne eine spannende Variante, welche dem Song "Ritual" der Band "Yes" entliehen wurde. Sie erklingt im Mittelteil als gefühlvolle Gesangseinlage des HRK. Nach einem weiteren Song der neuen Platte Die Wahrheit vom letzen Hemd gibt es eine ins rockig schnelle gesteigerte Version vom Stirnenfuß, bei der auch besonders das Baßspiel von Leo Schmidthals zur Geltung kommt. Keine Atempause, die Formation um und mit Heinz Rudolf Kunze erreicht bei Draufgänger einen für diese kleine Halle beachtenswerten, aber nur vorläufigen Höhepunkt, bevor Zugaben – wie gewohnt reichlich und ausgiebig – erwartet werden dürfen.
„Alter Schwede – Worpswede“ kalauert dann auch HRK anerkennend. Es ist zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als klar: Dies ist ein ausgesprochen gelungener Tourauftakt im beschaulichen Künstlerdorf Worpswede. Auch wenn drum herum fast alles bereits zu schlafen scheint an diesem Werktag, die "Music Hall" wird am Abend des 5. April 2005 zu einem kleinen Palast für gute Rockmusik. Zum Text Immer für Dich da gibt es auf der neuen Platte auch eine Version, die Heiner Lürig als Komponisten ausweist. Diese ist zuhören, bevor es in die erste Pause vor den Zugaben geht. "Ich bin immer für euch da" verkündet HRK diese Worte, die durchaus als Umarmung des Publikums verstanden werden können. Und diese Zuschauer aus Worpswede, Umgebung und angereist aus anderen Orten der Republik, nehmen diese Umarmung dankbar an. Sie geben es dem Künstler und seiner Verstärkung durch lautstarke Forderung nach Zugaben zurück.
Heinz hat an diesem Abend in der Tat das Publikum besonders gut im Griff. Ein paar herausfordernde Gesten und rhythmisches Fingerschnippen sorgen für hunderte von erhobenen Armen und klatschenden Händen. Nach Dein ist mein ganzes Herz und Dies ist Klaus, beschließt Kunze die erste Zugabe mit Ich hab’s versucht, begleitet vom virtuosen "Konzertgitarrenspiel" des Jörg Sander.
Heinz trägt jetzt ein T-Shirt mit der Aufschrift: "Immer für dich da" – was dem Publikum berechtigte Hoffnung auf noch mehr Kunze und Verstärkung gibt.
Matthias Ulmer sei an dieser Stelle erwähnt – dem musikalischen Mittler zwischen alter und neuer Verstärkung, der im zweiten Zugabenblock den HRK bei Der schwere Mut am Keyboard unterstützt, dieser starken frühen Nummer, an die sich mit Bestandsaufnahme eine noch frühere starke Nummer anschließt. An der Akustikgitarre diesmal Heiner Lürig, der Mann mit dem Schriftzug "Go" auf seinem T-Shirt.
Der Kunde verlangt nach Lola und er hört die HRK-Version der Kinks-Nummer auch in Worpswede. Dem Ruf nach Zugaben (Wenn du nicht wiederkommst) wird ebenfalls und mit Einsatz der gesamten Verstärkung nachgekommen.
Worpswede ist an diesem Abend wegen Heinz Rudolf Kunze und Verstärkung mit dem Programm "Das Original" für Anlieger und von der Ferne Anreisende einen Ausflug wert. Mit Leg nicht auf schließt Heinz im Gitarrenduett nebst Heiner diesen Abend.
Diese Tour geht weiter, Rückblende nach dem Jubiläum, aber auch viel Ausblick, viel "Original" und immer auch die Möglichkeit für textliche und musikalische Überraschungen. Ein Konzertbesuch sollte auf dieser zunächst sehr kurz angelegten Tour nicht versäumt werden. Wenn doch: es besteht Aussicht auf mehr.
Matthias von Schramm, April 2005
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