Cover der DVD-Box Man sieht sich

2006

Mit zwei Konzerten im Capitol in Hannover feierte Heinz Rudolf Kunze am 21. und 22. Dezember 2004 sein 25-jähriges Bühnenjubiläum.

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DVD-Rezension:

Heinz Rudolf Kunze & Verstärkung - Man sieht sich

Mit dem Konzert im Capitol in Hannover feierte Heinz Rudolf Kunze am 22.12.2004 sein 25 jähriges Bühnenjubiläum. Zusammen mit seiner Verstärkung, darunter die langjährigen Weggefährten Heiner Lürig und Martin Huch, lieferte er vor heimischem Publikum von Dein ist mein ganzes Herz (1985) über Mit Leib und Seele (1986) und Alles was sie will (1989) bis Mehr als dies (2005) Hit um Hit...

Bildbewertung
Das anamorph abgespeicherte Bild bietet ein farbenfrohes Spektakel. Die Bühnenbeleuchtung bewirkt aber nicht immer nur Gutes. Gerade Einstellungen in Blau sorgen für eine deutliche Auflösung von Konturen, machen das Bild weich und rauben ihm Details. Glücklicherweise gibt es aber genügend Abschnitte, in denen Schärfe und Kontrastverhalten sehr viel angenehmer ausfallen. In solchen Momenten bietet der Transfer nämlich ausreichend Tiefe, um auch im Hintergrund Feinheiten sauber abzugrenzen. Da stört dann bloß noch gelegentliches Aliasing geringfügig den Genuss. Der Schwarzwert geht stets in Ordnung und erhält die meist kontrastreiche Szenerie, ohne allzu viele Details zu verschlucken. Erfreulich, aber auch irgendwo Pflicht, ist das Ausbleiben von jeglichen Defekten und Bildfehlern, was man wohl auf die Aufzeichnung mit HD-Kameras zurückzuführen kann. Die Kompression bleibt trotz schwankender Bitrate, welche im Mittelwert bloß bei 5,6 Mbps liegt, unauffällig. Nur selten zeigt sich eine leichte Blockbildung auf großen Farbflächen.Alles in allem eine Transferleistung, welche die sieben Punkte verdient.

Tonbewertung
Wer es akustisch raumfüllend mag ,darf zwischen den 5.1-Formaten von DTS und Dolby Digital wählen. Stereo-Puristen erhalten die Möglichkeit, einer digital komprimierten 2.0-Spur zu lauschen. Jene bietet den heute gängigen Hörstandard, ohne sich durch besondere Klangeigenschaften auszeichnen zu können. Dies bleibt den 5.1-Formaten vorbehalten. Die DTS-Spur, welche neben dem etwas höheren Ausgangspegel auch spürbar mehr Bass mitbringt, ist wie das Dolby Digital-Pendant durchaus räumlich ausgefallen. Wie so oft werden die Rears aber bloß mit einem leisen, leicht halligen Frontsignal befeuert. Das schafft irgendwo schon Atmosphäre, klingt aber nicht ganz so realistisch wie vor Ort in der Konzerthalle. Wesentlich besser gefällt da die Verteilung der Publikumsgeräusche, welche wirklich auf allen Kanälen mit ortbaren Signalen aufwarten und für das Mittendrin-Gefühl sorgen. Bereits nach dem dritten Song schwillt der Pegel hier deutlich an. Die Instrumente wurden im vorderen Hörbereich stereotonal angeordnet und bieten so eine breite Front. Kunzes Stimme ertönt klar und sauber aus dem Center; besonders die in den Songpausen gesprochenen Texte bieten eine tolle Akustik. Lediglich die Backing Vocals sind zu leise auf den Frontboxen eingemischt und gehen dadurch im allgemeinen Klanggewitter etwas unter.

Bonusmaterial
Der erste Silberling ist mit den 168 Minuten Konzert in ansprechender Qualität und drei Tonspuren gut gefüllt. Daher wurden die Extras komplett auf eine Bonusdisk ausgelagert.

Den Anfang machen umfangreiche Interviews. In Die Verschwörung der Idioten (32:10 Minuten) plaudern Heinz Rudolf Kunze und sein Wegbegleiter Heiner Lürig getrennt voneinander über die Person Kunze, die Musik und vieles mehr. Die Geschichte selbst wird allerdings dabei nur angerissen. Viel Persönliches und einige Anekdoten stehen im Vordergund. Heiner Lürig macht mit seiner lethargischen Art das Zuhören allerdings etwas anstrengend. In Verstärkung (13:56 Minuten) kommen die restlichen Bandmitglieder zu Wort, welche zum Teil erst wenige Jahre zum Stamm gehören. Hier wird ein wenig gelobt, aber auch erläutert, wie der Einzelne zur Verstärkung kam. Die Fans (12:19 Minuten) schließlich lässt jene laudatieren, die den Erfolg letztendlich ausmachen. Leider haben sie kaum Hörenswertes zu berichten - es sei denn, man kann Profanem wie „Der Kunze macht seit 25 Jahren richtig gute, deutschsprachige Rockmusik“ Neues abgewinnen. Aufgelockert werden alle drei Beiträge durch Konzertausschnitte, welche meist das vorher Gesagte inhaltlich unterstreichen.

Weiter geht es hinter den Kulissen mit dem Feature Backstage im Capitol (13:40 Minuten). Die Kamera ist hier nur als Beobachter unterwegs und bietet meist unkommentierte Momentaufnahmen der Musiker im Backstagebereich. Wenn gesprochen wird, dann bleibt das für den Zuschauer aber eher unverständlich, da dem Bild nur der O-Ton aus der Kamera unterlegt wurde, welcher leise und muffig klingt.

Der nächste Abschnitt befasst sich mit den Proben. Kunze und Verstärkung zogen sich zur Vorbereitung der Jubiläums-Show in einen ehemaligen, platzmäßig großzügigen Schulprobenraum zurück, um in der Bühnenkonstellation zehn Tage lang acht Stunden am Stück zu proben. Dieses und mehr verrät die Einleitung Im Proberaum (07:48 Minuten). Anschließend darf man dann insgesamt fünf kompletten Songs einzeln oder am Stück (19:29 Minuten) lauschen.

Nun folgen mit den Bandsteckbriefen, der Diskografie (beides auf gut lesbaren Texttafeln) sowie zwei Fotogalerien von den Proben und dem Konzert (je 15 fast den Bildschirm füllende Fotos) Standardbeigaben.

Abschließend befindet sich noch ein Audio Track in hochauflösender 5.1-Qualität auf der Disk. Der Song kann wahlweise im bestmöglichen Audioformat DTS 96/24 oder Dolby Digital 5.1 abgespielt werden. Beide Versionen klingen schön räumlich, die Abmischung geriet aber insgesamt zu trocken. So kommen die Backings aus den Rears etwas hart und zu wenig diffus.

Faltet man das schmucke Digipak weiter auf, so gibt es noch eine Audio-CD mit den 15 besten Songs des Konzertes preis. In handelsüblichem, klanglich gutem Stereo dringen hier noch mal 70 Minuten Live-Musik an die Ohren.

Dem zuvor erwähnten Digipak, welches von einem stabilen, hochwertig bedruckten Pappschuber umgeben ist, wurde noch ein 12seitiges Booklet beigefügt. Dieses hält neben den Liner Notes (Angaben zu Songs und Musikern) noch zwei schöne Texte von Heinz Rudolf Kunze und einige weitere Fotos vom Konzert bereit. Auch Credits und Danksagungen dürfen natürlich nicht fehlen.

Ein rundum gelungenes Fan-Paket, das es nur an wenigem missen lässt. Das Video-Material hätte allerdings ruhig noch umfangreicher sein dürfen, zudem fehlt eine echte Featurette zur Bandgeschichte. Ausstattungstechnisch aber ansonsten TOP! Fehlende Untertitel anzukreiden wäre wohl fehl am Platze, denn Hörgeschädigte werden sich eher selten eine Musik-DVD zulegen.

Fazit

Man sieht sich, das klingt so ein wenig nach Abschied. Doch Heinz Rudolf Kunze, ein stark unterschätzter deutscher Rock-Poet mit kritischen wie sinnigen Texten und einprägsamen Melodien, denkt nicht ans Aufhören. Warum auch? Schließlich ist er ja erst 25 Jahre (für ihn sind es gefühlte fünf ) auf deutschen Bühnen unterwegs, um sein intelligentes Liedgut zu kredenzen. Das Publikum ist so abwechslungsreich wie seine Musik. Zwischen 15 und 60 finden sich nahezu alle Altersklassen und durchweg beide Geschlechter. Bekannt geworden Mitte der 1980er mit Gassenhauern wie Dein ist mein ganzes Herz und Finden sie Mabel, beackert Kunze seit jeher weniger gängige Rock-Klischees als vielmehr wichtige Themen der jeweiligen Zeit. Dinge, die uns und ihn bewegen, werden stilsicher, kritisch, aber zugleich auch humorvoll-zynisch bearbeitet. Persönliche Erfahrungen fließen durchaus ein, sind aber nicht Hauptbestandteil, denn Kunze saugt alles, was um ihn herum passiert, auf und sieht sich auch als Dichter – nur authentisch muss es sein. Schließlich soll sich sein Publikum nicht bei einem Märchenerzähler wähnen, sondern sich berührt, angesprochen, involviert und verstanden fühlen.

25 Jahre Bühnen-Jubiläum und man war sich nicht zu schade, dies mit den Fans gebührend zu feiern, denn sie sind es letztendlich, die den (kommerziellen) Erfolg eines jeden Künstlers ausmachen. Gefeiert wurde am 22. Dezember 2004 im Hannoverschen Capitol, dem ‚Austragungsort’ vieler Rockpalast-Konzerte. So ist dies auch ein Special aus der Reihe, ohne jedoch zu unpersönlich zu sein. Es wird nie erwähnt, dass man für den Rockpalast aufzeichnet und wer das Capitol nicht kennt, wird auch nur im Booklet auf diesen Umstand stoßen. Zusammen mit seiner Verstärkung, darunter die langjährigen Weggefährten Heiner Lürig und Martin Huch, lieferte Kunze vor heimischem Publikum (er lebt seit fast 25 Jahren in Hannover) schnörkellose deutsche Rockmusik.

Fast drei Stunden (exakt 168 Minuten) präsentierte Kunze ein Portfolio aus den bisherigen 25 Jahren seiner Karriere. Neben den Hits vergangener Tage spielt er auch Songs aus dem letzten Album. 30 Stücke, zwei inhaltlich wertvolle gesprochene Texte mit persönlichem Inhalt sowie oft kauzige Ansagen prägten den schweißtreibenden Abend. Am Ende waren nicht nur die Musiker glücklich!

Turbine Medien bringt uns dieses sehenswerte Ereignis auf dem digitalen Medium ins Wohnzimmer. Und zwar in einer Ausstattung, die sich wirklich sehen lassen kann! Zwar hätten Bild und Ton technisch durchaus noch eine Spur besser ausfallen können, doch die Fan-Edition punktet dafür umso mehr im Bonusbereich. Neben den fast drei Stunden Konzert, welche übrigens alles andere als Standard sind, gibt es eine gut gefüllte zweite Disk mit informativem wie unterhaltsamen Inhalt und eine Audio-CD, welche zumindest einen Teil des Live-Mitschnitts sowie eine exklusive Cover-Version von Bridge over troubled Water bietet. Ein biografischer Beitrag ist das Einzige, was ein wenig vermisst wird, denn die Interviews geben bloß Auskunft über die Personen, viel zu selten dagegen deren abwechslungsreiche Geschichte!

7 von 10 Punkten

Marcus Kampfert, DVD-Palace Home Entertainment, 7. Februar 2006

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