Heiner Lürig

2004

So muß das sein!

Heiner Lürig steht der Webverstärkung Rede und Antwort.

Heiner Lürig: Herzlich willkommen in der Wedemark, ich freue mich, für die Homepage Rede und Antwort über all die zahlreichen Neuerungen stehen zu können.

Phil Köper: Herzlichen Dank! Schön hier zu sein, ich bin sehr gespannt, was es Neues gibt, und natürlich auch darauf, wie die neue Platte sich macht. Aber von Anfang an: Vielleicht erzählst Du uns erstmal, wie die letzten Jahre verlaufen sind, was Dich bewegt hatte, zu gehen, und vor allem: wiederzukommen.

Heiner Lürig: 2002 gab es ein einschneidendes Ereignis, nämlich meinen Abschied von Heinz Rudolf Kunze, zumindest was die Arbeit mit ihm als Künstler angeht – als Autoren haben wir auch danach noch zusammengearbeitet.

Ich hatte einerseits Probleme mit der Plattenfirma und andererseits mit dem Management. Es sah für mich nicht danach aus, als sei eine gute Zusammenarbeit weiterhin möglich, und deswegen habe ich mich dann verabschiedet. Ich habe gehofft, daß sich die Situation so weit  verändern würde, so daß wir erneut zusammenarbeiten können, und das ist jetzt der Fall. Es gibt eine neue Plattenfirma, die neue CD wird bei der BMG erscheinen, und das HRK-Büro ist inzwischen auch neu organisiert, so daß diese beiden Punkte erledigt sind. Es gab nie Probleme zwischen uns persönlich. Mehr möchte ich dazu auch gar nicht sagen.

Ich denke, diese zweijährige Trennung hat auch durchaus Vorteile mit sich gebracht, denn der Abstand, den ich inzwischen gewonnen habe, wird sich sicher auch auf die neue Platte auswirken. Es wird die Frische da sein, die wir vorher auch gar nicht mehr haben konnten, nachdem wir 17 Jahre dauerhaft zusammengearbeitet hatten. Es war schon heftig, jedes Jahr eine Platte herstellen zu müssen, und wenn die zugehörige Tournee vorbei war, kam die nächste Platte, und immer so weiter. Wenn man einfach mal nichts machen möchte, und das geht nicht, dann ist es selbst für den kreativsten Menschen irgendwann eine Qual. Diese Anstrengung wird kaum jemand nachvollziehen können, der nicht auch in dieser Form tätig ist.

Phil Köper: Hat es also in den letzten Jahren auch an diesem Überangebot gelegen, daß Ihr nicht mehr so wahrgenommen wurdet?

Heiner Lürig: Zum Beispiel auch das. Ich denke, daß man Heinz trotz der Fülle seiner Ideen, die jedes Jahr genug für eine neue Platte wären, raten sollte: "Mach die Hälfte! Dann ist das, was Du machst, immer noch gut – aber wertvoller!". Dann könnte man sicher dieses überschaubarere Produkt auch besser an den Mann bringen als wenn die Leute denken: "Schon wieder was neues? Ach, der macht ja jedes Jahr was". Diese Gewohnheit finde ich ganz furchtbar! Es ist wie mit dem Lieblingsessen, das man jeden Tag bekommt: Irgendwann merkt man gar nicht mehr, wie gut eine neue Kunze-Platte eigentlich ist. Man gewöhnt sich daran und nimmt es gar nicht mehr wahr. Daraus ergeben sich dann auch die Schwächen in der Promotion, schließlich fällt einem kaum noch etwas ein, wie man das noch verkaufen soll. Die Veranstalter sagen schon: "Ach, der Kunze schon wieder!". Dabei bleibt völlig auf der Strecke, daß der Mann richtig gut ist. Es wird nur gesehen, daß er immer noch da ist, und wenn man sich daran gewöhnt hat, fällt er nicht mehr auf. Die frühere Plattenfirma hat zum Schluß so reagiert: "Ihr beide schon wieder mit Eurer neuen Platte". Was ist denn das für eine Herangehensweise? Diese Reaktionen aus den verschiedenen Ecken von Heinz’ Umfeld waren es letztlich, die zu unserer Trennung führten, und deswegen können wir nun unter den neuen Bedingungen wieder zusammenarbeiten.

Phil Köper: Was macht Heinz dann aber mit seiner ganzen Kreativität? Er hat doch einen unglaublichen Ausstoß an Neuem.

Heiner Lürig: Aber dafür gibt es doch genug Beschäftigungsfelder! Wir haben hier in Hannover zusammen den Sommernachtstraum gemacht, das Shakespeare-Stück, das auch im zweiten Jahr so phantastisch gelaufen ist, daß es nächstes Jahr weitergeht – zum ersten Mal dann auch außerhalb. Der Erfolg, mit dem hier übrigens vorher kaum jemand gerechnet hatte, ermutigt uns, ein weiteres Theater-Musikstück zu planen.

Phil Köper: Zurück zur neuen Platte. Es ist wohl immer genug Material vorhanden, wenn Ihr ein neues Projekt beginnt?

Heiner Lürig: Ja, auch diesmal hatte Heinz wieder unheimliche Mengen vorbereitet. So mußte ich mich auch etwas hinten anstellen, ich hätte gerne noch mehr als Komponist beigetragen. Aber Heinz hatte aus der Zeit nach der Frank Plasa-Produktion schon etliches vorbereitet, was er gerne auch als Musiker umsetzen wollte. Er hatte auf der letzten Platte kein einziges Instrument gespielt, was ich für höchst fragwürdig halte bei jemandem, der solche musikalischen Ausdrucksfähigkeiten besitzt. Wenn Heinz eine Klavierballade spielt, dann denke ich immer: "So muß das sein". Das mögen andere Spieler technisch besser können, aber darum geht es in der Musik nicht. Es geht darum, etwas persönlich, glaubwürdig zu machen – und wenn man ihm das Instrument wegnimmt, entfernt man Heinz auch dieses Stück Identität. Das haben wir hier wieder anders gemacht, Heinz spielt bei einer Reihe von Stücken auch wieder selber ein Instrument, und zum Glück sing er auch selbst. Schmunzelt

Die Band, die ich im letzen Jahr schon kennengelernt habe, tut ihren Teil dazu, und ich denke, daß durch mein Wieder-neu-Hinzukommen auch weitere Motivation, Frische, auch Lenkung dazukommt. Das gilt natürlich auch für die Live-Präsentation: Wir werden nächstes Jahr zu einer größeren Live-Besetzung zurückkommen, die dann auch alles gut spielen kann – die von der leisen Klavierballade bis zum großen Rock’n’Roll-Stück eine gute Show abliefern kann, passend zu Heinz’ 25jährigem Bühnenjubiläum, das nächstes Jahr ansteht.

Phil Köper: Kannst Du uns denn schon mehr über die Besetzung sagen? Martin Huch war ja letztlich wieder mal mit Euch auf der Bühne …

Heiner Lürig: Wir haben wieder einen sehr guten Draht zu Martin und haben auch bei diesen Gelegenheiten gemerkt, wie klasse das eigentlich ist, wenn er mit dabei ist. Wir haben noch nicht über sein Mitwirken an der nächsten Tournee gesprochen. Wir werden aber Ende des Jahres in Hannover ein Fernsehspecial für die Verwertung im nächsten Jahr aufzeichnen, und dort möchte ich auch Martin Huch dabeihaben. Er würde dann jene Titel, deren Sound er maßgeblich mitgeprägt hat, auch selber spielen.

Wenn es uns dann gut läuft, könnte ich mir ihn natürlich auch auf der kommenden Tournee gut vorstellen – die Entscheidung darüber fällt aber erst nächstes Jahr, wir sprechen mit der neuen Plattenfirma derzeit auch noch über so einiges. Die Tournee wird sich dann nächstes Jahr wieder an die CD anschließen, es wird aber – anders als früher – nur sehr wenige (wahrscheinlich acht) Konzerte geben. Es schließen sich im Sommer noch ein paar Festival-Auftritte an, das war’s dann aber.

Phil Köper: Seid Ihr dann nicht vielleicht schon zu viele Gitarristen?

Heiner Lürig: Sicherlich werden nicht Martin, Jörg, Heinz und ich gleichzeitig spielen, da gibt es auch keinen eifersüchtigen Wettbewerb. Jörg Sander ist ein klasse Gitarrist mit vielen Ideen, der einem einfach alles kann, was man ihm als Produzent vorgibt – und wir werden noch mehr Spaß haben, wenn wir auf der Bühne so manches dann zu zweit spielen. Ich denke, das "Herz"-Solo werde ich schon noch mal selber spielen, es sei denn, ich hab mal einen Abend keine Lust dazu: dann macht Jörg das eben – genauso gut.

Man kann das auch wirklich problemlos aufteilen, es gibt so viele Möglichkeiten: Slide-Gitarren, E-Gitarren, Akustik-Gitarren, 12-Strings. Wir haben schon mal mit so großer Band gespielt, mit Martin an den Spezial-Gitarren, auf diese Erfahrung können wir zurückgreifen, und auch die neuen Sachen auf der Bühne wieder gut umsetzen. Wir hatten im Studio mit der derzeitigen Band schon eine Menge Spaß, das ist eine gute Voraussetzung, auch im nächsten Jahr zusammen auf Tour zu gehen.

Phil Köper: Hast Du denn die bekannten Bläser wiedergefunden?

Heiner Lürig: Ich hab mich wirklich bemüht, habe nach "Irish" Earle Ausschau gehalten, hatte aber bis jetzt keinen Erfolg. Man sagte mir, er sei in Dublin und spiele in irgendeiner Cover-Band. Wenn ich ihn finde, werde ich einfach mal hinfahren, ein Bier bestellen und ihm zuprosten – und dann fällt er von der Bühne, wenn er mich sieht. Der Mann ist als Original einfach unschlagbar, immer wieder ein Vorbild für junge Leute, die dann sehen: "Hey, dieser alte Sack bringt’s doch wirklich auf der Bühne!"

Phil Köper: Was war denn am zurückgekehrten Heinz anders, was war neu? Ihr seid doch sicherlich nicht so ins Studio hineingegangen wie Ihr vor zwei Jahren herausgekommen wart?

Heiner Lürig: Mit Sicherheit nicht! Heinz mußte zunächst mal einiges aus der Hamburger Session verarbeiten, dort gab es ja – mit Abstand betrachtet – auch ein paar Dinge, die ihm nicht gefallen haben. Das führte dann dazu, daß wir schon im Vorfeld einiges miteinander abgesteckt haben, so zum Beispiel die Auswahl derjenigen Titel, die aufs Album sollten. Wir haben auf dem neuen Album 14 Titel, davon jeweils einen von Matthias Ulmer und Leo Schmidthals, beides sehr gute Nummern, die das Album bereichern wie damals die Titel von Martin Huch. Wir erleben jetzt beim Aufnehmen schon, wie alles durch die Band sehr gut zusammenwächst. Wir haben uns schon sehr zeitig auf die Auswahl der Titel geeinigt und festgelegt. Wir haben auch noch einige Reserve-Titel, falls eine von diesen 14 Nummern nicht funktionieren sollte, aber bis jetzt haben wir sie nicht gebraucht.

Einen Titel haben wir schon vorher fertig, den Song für den Kirchentag 2005 in Hannover. Den haben wir für diesen Zweck extra gemacht, aber er funktioniert auch unabhängig für sich genommen. Die Möglichkeit, bei einem solchen Ereignis mitzumachen, wollten wir nicht verstreichen lassen. Das ist eine Herausforderung, die gerade auch für Heinz ein echter Ansporn ist: Es ist nicht so leicht, für eine so große Menge von Menschen etwas zu schreiben, einen Song, hinter den sich dann auch alle stellen können. Der Song heißt "Mehr als dies" und verwendet das Motto des Kirchentages, "Wenn Dein Kind Dich morgen fragt", im Text der Strophe. Wir werden den Song Anfang 2005 vorstellen, wobei ich mir gut vorstellen kann, daß er als Single-Auskopplung vor dem Album kommt. Der Kirchentag wird im Mai stattfinden, und es schadet sicherlich nicht, wenn die Leute das Lied vorher schon richtig kennen, und auch der Rest der Republik diesen Song einfach mal gehört hat. Es ist ein wunderbares Lied. Interessanterweise hat man uns überhaupt keinerlei Vorgaben gemacht, wir wurden vielmehr ermutigt, etwas zu machen, das durchaus nach uns klingt.

Phil Köper: Meinst Du, Du könntest so was öfter machen?

Heiner Lürig: Nein, das war schon einmalig. Ich kann mir gut vorstellen noch mal eine Platte mit Heinz aufzunehmen, oder ein weiteres Shakespeare-Stück zu bearbeiten; aber ein Standard-Kirchenkomponist wird aus mir nicht werden. Ich möchte meine Arbeit so rar wie möglich machen und denke, daß die paar Platten, die wir noch zusammen machen werden, wirklich etwas besonderes sein sollen. Sonst müßte man sie gar nicht machen. Ich bin im übrigen sehr kritisch, was unsere neuerliche Zusammenarbeit angeht und werde genau beobachten, ob es mir Freude macht. Ich werde jedenfalls nicht in die "Wieder und für immer dabei"-Falle tappen, sondern es muß wirklich gewollt sein und passen.

Phil Köper: Das Bild vom alten Ehepaar paßt also immer noch?

Heiner Lürig: Auch eine echte Ehe wird länger frisch und spannend bleiben, wenn man Gewohntes infragestellt und eingefahren Wege immer wieder überprüft. Das hätte man vielleicht auch schon vor 2002 tun sollen, aber in der damaligen vertraglichen Situation, die ja auch dauernd neue Platten von uns forderte, war das eben – wie schon erwähnt – nur bedingt möglich. Deswegen ist jetzt die Situation sehr viel erfreulicher als noch vor zwei oder drei Jahren. Unser Hauptantrieb ist jetzt, daß wir ein Album aufnehmen wollen und nicht unter dem Zwang zum Abliefern stehen.

Phil Köper: Heutzutage wird Popmusik doch anders hergestellt: Die soll ein halbes Jahr im Formatradio laufen und wahrscheinlich auch noch billig herzustellen sein (klingen tut’s ja schon so …).

Heiner Lürig: Ich schiele nicht nach dem Formatradio, wenn ich einen Song schreibe und produziere. Er muß dem Künstler gefallen, er muß mir gefallen und dann erst dann geben wir ihn an die Verwerter. Wir bieten der Plattenfirma genau das Album an, das wir machen wollten. Ich denke, die werden damit sehr zufrieden sein, denn sie bekommen ein Produkt, das sehr "Original Heinz Rudolf Kunze" ist – das bedeutet, daß dort nichts weggefiltert wird, also alles den Fan auch erreichen kann: Es ist das, was man bekommt, wenn man Heinz Rudolf Kunze mag, und die Art wie wir beiden zusammen Musik machen: Original Kunze eben. Ich habe hier den Titel, der schon fertig ist, und wir können ja mal eben zusammen reinhören.

Heiner stellt die Stereoanlage an und zum großen Bedauern des Interviewers den Recorder ab, die Single "Mehr als dies" schallt aus den Lautsprechern.

Heiner Lürig: So, nun hast Du den neuen Song gehört, ich hoffe, er hat Dir gefallen.

Phil Köper: Für mich die richtige Mischung aus "So kenne und schätze ich das" und "Hey cool, was neues von Heinz!". Es hat mir sehr gut gefallen.

Laß uns noch etwas über die Technik reden. Nach der letzten Tournee kam noch eine Offensive mit moderner Technik, verschiedene Formate, unter anderem eine DVD-Video mit dem Mitschnitt des Hamburg-Konzertes. Nachdem sie sie gesehen hatten, waren dann aber einige Leute, mich eingeschlossen, etwas enttäuscht. Wie sehen Deine Pläne aus, welche Projekte neben der klassischen Musik-CD kannst Du Dir noch vorstellen?

Heiner Lürig: Ich habe vor, das Konzert, das wir im Dezember aufnehmen werden, nicht nur als TV-Produktion, sondern auch als DVD mit diversen Extras unter dem Motto "25 Jahre Heinz Rudolf Kunze" zu verwerten. Und ich komme damit auch wieder ein Stück meiner Idee "DVD-Box" näher, die ich für Heinz haben möchte. Wir haben noch Aufzeichnungen von Live-Auftritten, Rockpalast ab 1985, Konzertmitschnitte von 1990, 1991, 1993, 1994, dazu kommt das neue TV-Special, und ich möchte irgendwann eine echte Sammlung dieses Materials haben, wo man dann zum Beispiel auch die verschiedenen Bands alle wird sehen können.

Phil Köper: Du siehst mich begeistert.

Heiner Lürig: Die Chance für so etwas ist da, wir haben eine Menge, was man noch mal aufarbeiten kann. Wir haben uns schon erfolgreich um die alten Rechte bemüht. Außerdem kann man Dinge wie Schnittvarianten, Dokumentationen und Blicke hinter die Bühne dazutun, das Medium DVD eignet sich dazu hervorragend. Es gibt etliches, was ich gerne sehr viel besser als bisher machen möchte. Es fängt damit an, daß ich auf der nächsten CD keinen Kopierschutz haben will. So ein Quatsch, so ein Unsinn! Du verhinderst nichts und bestrafst letztlich die ehrlichen Fans, die eine CD im Laden gekauft haben und sich hinterher nicht mal eine Kopie fürs Auto oder die Kinder machen können.

Man kann doch nicht wirklich glauben, daß sich irgendwer dafür tatsächlich eine zweite CD kaufen würde. Und gerade unsere Zuhörer sind doch keine Leute, die sich mal schnell was aus dem Netz saugen. Die wollen doch gute Musik in guter Qualität hören, wollen die Texte dazu lesen können und noch ein ansprechend gestaltetes Booklet haben. Ich will ein Produkt haben, was überall gut läuft, wo einfach nur Musik drauf ist, und nicht irgendein technischer Schnickschnack, der einem den Spaß am Inhalt verleidet.

Phil Köper: Gibt es bei Euch die technischen Voraussetzungen für Mehrkanalton? 

Heiner Lürig: Wir haben mit Ronald Prent von "Mehr als dies" schon einen Surround-Mix gemacht (falls wir da noch ein Video zu machen), der phantastisch klingt – alleine schon die Chöre. Ronald hat im Galaxy Studio ein API-Mischpult, mit dem man gleichzeitig einen Stereo- und eine Surround-Mix machen kann, und so hab sofort zurückgegriffen und „Mach das!“ gesagt. Es klingt wirklich umwerfend!

Wenn jemand sich so eine Anlage gekauft hat, dann möchte er auch gerne entsprechendes Material hören, und man kann da eine Menge machen. Zudem ist der Surround-Mix von der CD stereokompatibel.

Phil Köper: Wieviel kreative Leistung ist denn so ein Surround-Mix? Ist das noch mal eine ganz neue Mischung?

Heiner Lürig: Ja, das ist etwas ganz anderes, eine ganz neue Phase der Kreativität. Ich vertraue da auch ohne weiteres den Mitarbeitern, wie zum Beispiel meinem Freund Ronald Prent, der für Heinz auch schon einiges gemischt hat und mit seiner Musik und den Projekten gut vertraut ist. Wenn der so etwas macht, dann kann ich auf seine Erfahrung bauen und von seinen Ideen profitieren. Ich kommentiere das dann vielleicht noch, aber ich habe meine Kreativität ja schon in die Komposition, Aufnahme, Produktion gesteckt, und irgendwann ist dann eine solche Drittsicht auch noch ganz hilfreich und spannend.

Phil Köper: Wie hast du die neue CD aufgenommen – inzwischen nur noch digital?

Heiner Lürig: Nein, neben diversen Rechnern bewahren wir bei uns im Studio immer noch Analogtechnik. Wir könnten auch inzwischen alles digital machen, aber ich mache das nicht. Der Mac auf dem das Logic (Anm.: Eine Recording-Software) läuft, ist synchronisiert mit den Bandmaschinen, denn es gibt einfach Instrumente, die von den analogen Aufzeichnungen viel besser klingen und dann erst digital verarbeitet werden, wie beispielsweise das live eingespielte Schlagzeug. Ich mache schon sehr lange Harddisk-Recording, aber weil ich noch mit der analogen Technik angefangen habe, weiß ich eben auch, wie warm und reich das Tonband klingen kann.

Phil Köper: Zum Schluß noch was ganz anderes: Du hast eben dieses Spannungsfeld zwischen Erfolg und künstlerischer Freiheit, sozusagen zwischen Quantität und Qualität beschrieben, und mit dem neuen Deal seid Ihr da etwas selbstbestimmter, so daß wir also in Zukunft nicht mehr jedes Frühjahr eine Platte werden kaufen können. Andererseits sind wir als Fans natürlich auch immer interessiert an Neuem, wollen Futter. Letztes Mal haben wir unter anderem von neuen Möglichkeiten des Vertriebs und des "Kundenservices" in Form von downloadbaren Angeboten und ähnlichem gesprochen. Wird es da etwas geben?

Heiner Lürig: Das ist nicht nur eine durchaus charmante Idee, das ist auch eine großartige Möglichkeit, ganz spezielle Dinge an den Mann zu bringen. Ich denke aber, daß man da differenzieren muß: Es gibt eine CD, die man verbreiten möchte und die zu einer ganz bestimmten Phase, mit einer Tournee, mit eine graphischen Auftritt und ähnlichem, gehört. Die Extras, die man dann vielleicht mal zwischendurch wird runterladen können, sind etwas anderes, keine neuen Singles oder Alben, für die man dann wieder losfahren würde.

Phil Köper: Heiner, vielen Dank für diesen Einblick!

Phil Köper, werkzeug.heinzrudolfkunze.de, 25. Oktober 2004

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