Heinz Rudolf Kunze

2010

Diesen Text hat Heinz Rudolf Kunze kurz nach dem Tode seiner Mutter auf seiner Homepage veröffentlicht.

Anläßlich des Todes meiner Mutter am 21. 3. 2010

Am Lebensende hat sie Gott verflucht,
weil sie sich sicher war: es gibt ihn nicht.
Sie hat ihn nie gewissenhaft gesucht,
er war ihr eine äußerliche Pflicht.

Sie fühlte sich zu oft von ihm gequält,
zu hart geprüft, zu kalt im Stich gelassen.
Ein Schöpfer, der noch jedes Sandkorn zählt,
war ihr egal. Sie konnte ihn nicht fassen.

Ein deutsches Mädel aus der großen Zeit,
an der beinah die ganze Welt verreckte.
Dem Führer gab sie gläubig das Geleit,
bis sie zu spät begriff, was in ihm steckte.

Vertrieben. Ausgebombt. Mit Flucht im Blick.
Ihr Leben war nur ein Zusammenzucken.
Sie wollte und sie wollte nicht zurück,
bis sie zu müde war vom vielen Ducken.

Ihr Glück war meistens nichts als Wundstarrkrampf,
jahrzehntelang gepeinigt von Migräne.
Der Titel ihres Daseins war: mein Kampf.
Im Schatten dieser blutigen Hyäne.

Nie hat sie einen Hauptgewinn gelost,
Das Schönste waren ihre kleinen Hände.
Sie schlug sich tapfer. Ohne jeden Trost.
So ging ein Leben unversöhnt zu Ende.

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