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Erst in der zweiten Programmhälfte kam Heinz Rudolf Kunze zum Zuge beim Konzert der Sommermusik. Mitstreiter Purple Schulz (rechts, bei einer Xavier-Naidoo-Parodie) gestaltete die erste Hälfte. (Foto: Markus Rick)
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Deutschrock-Stars räumen ab
Schneller als die Band Supercharge am Freitag schafften es Sonntag zwei Legenden der Neuen Deutschen Welle, das Publikum der Sommermusik Schloss Rheydt zu begeistern. Unplugged verzauberten Purple Schulz und Heinz Rudolf Kunze die fast 800 Zuhörer.
Schon der Auftaktsong, bei dem das Kölner Urgestein Purple Schulz (53) sich "bis ans Ende der Welt" träumt, animiert die Besucher des dritten Sommerkonzerts zum Mitklatschen und -singen. Als der Funke einmal übergesprungen ist, hat der drahtige Hänfling am Keyboard, der gern seine satirischen bis clownesken Spielvorlieben auf der Freilichtbühne auslebt, das Publikum bereits um den Finger gewickelt. Was weniger an Schulz' rheinischer Allerweltsstimme als an seinem kabarettistischen Talent und der munteren Selbstmoderation liegt. So erntet er prustende Zustimmung, als er sich hinter den Kulissen umkleidet und plötzlich als Xavier-Naidoo-Double erscheint. In weißem Kapuzen-Sweatshirt und Mütze sowie mit Leinenbeutel bewaffnet persifliert er Naidoos Song "Abschied nehmen" als Krawallnummer im Fleischerfachgeschäft ("Ich wollte mir Aufschnitt nehmen"). Doch als er dann "Nur mit dir" anstimmt, verwandelt Purple sich dann doch zum poetischen Barden, der gern sentimentale Stimmung erzeugt.
Der Sänger punktet beim Auditorium auf der Turnierwiese, als er darauf hinweist, dass er "einen großen Teil meiner Kindheit in Wickrath verbracht" habe. Doch nach einer Dreiviertelstunde fangen sich Anwesende an zu fragen, was nun aus der angekündigten "gemeinsamen Sache" mit dem niedersächsischen Liedermacher und Musical-Übersetzer Heinz Rudolf Kunze wird. Denn angekündigt sind die beiden so verschiedenen Künstler als Team, das von Gitarrist und Perkussionist Wolfgang Stute am Cajón und Josef Piek (Gitarre) begleitet wird. Als Kunze auf die Bühne kommt, vermeidet er jeglichen Rummel, setzt sich sofort brav auf einen Stuhl. Um Alpha-Mann Schulz bei dessen Songs mit zweiter Stimme zu stützen und nur gelegentlich zur schwarzen Akustikgitarre zu greifen.
Erst nach der Pause wird das Konzept der "gemeinsamen Sache" klar. Es bleibt doch eher ein Nacheinander denn Miteinander. Nun hat klar der Kunze das Sagen. Der Mann mit der dicken Hornbrille, zurückgekämmter Retro-Frisur und Lehrer-Outfit schlägt mit seiner voluminösen, nuancenreichen Stimme in Bann. Auch mit anspruchsvoller, oft um die Ecke gedachter Poesie. "Gib mir wenigstens die Chance, deine Schulter zu sein", bittet er in "Ich bin immer für dich da" oder erinnert an eine Busfahrt, zusammen mit Purple Schulz, 1988 in die DDR: "Ich geh' meine eigenen Wege". Auch auf Titel, die depressiv wirken, wie "Es geht zu Ende mit dir", mag Kunze nicht verzichten. Am Ende stimmen die unterschiedlichen Barden gemeinsam "Kleine Seen" von Schulz an. Nicht ohne freche Neckzitate wie "Tränen lügen nicht" von Michael Holm einzuflechten.
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