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2009

Heinz Rudolf Kunze über Bernburg: „Ein hellwaches Publikum“

Am Freitag Abend stellte Heinz Rudolf Kunze sein neues Album Räuberzivil im Theater Bernburg vor. Er erbrachte den Beweiß, dass man Musik auch ohne Schlagzeug und elektronischen Firlefanz machen kann. Ein bis auf den letzten Platz ausverkauftes Schauspielhaus, Kunze: „Ein hellwaches Publikum in Bernburg und eine Superstimmung“, machten den Abend zu etwas ganz besonderes. Mal behutsam mal energisch instrumentiert und arrangiert entfalteten neue wie alte Stücke ihre volle Kraft und ließen zu jeder Zeit genug Raum für Kunzes Wortgewalt. Das neue Album Räuberzivil präsentierte Kunze gemeinsam mit Wolfgang Stute und Hajo Hoffmann, mehr als Gitarre, Cajon, Mandoline und Gesang braucht es nicht, um nach der Anmoderation zu den Songs das Publikum mitzureißen. In seinen Texten macht Kunze sich satirisch Gedanken über eine Alkoholpause, Shopping-Erlebnisse, TV-Kochshows und TSG – den Politiker, nicht den Fußballverein. Er berührte, faszinierte oder irritierte die Zuhörer, um es anschließend im Finale richtig rocken zu lassen. Auch die Gewinner der BBGLIVE-Ehrenkarten waren sehr von Kunze’s Auftritt beeindruckt. Bei seinen bekanntesten Hits wie: Meine eigenen Wege oder Wenn du nicht wiederkommst standen die Zuschauer wie auf Kommando auf und fühlten den Rhythmus der Songs. Viele der Zuschauer klatschten bei seinen Moderationen und schmunzelten über die Hintergründe seiner Texte: „Die Kirchen können dichtmachen. Bald kann kein Deutscher unter 70 Jahren mehr einfachste Fragen zur Bibel beantworten. Schon jetzt weiß kein Bushido-Hörer mehr, was das überhaupt ist, die Bibel. Oder gibt’s die schon als Klingelton?“ oder „Die Theater können dichtmachen. Bald sagt jeder Deutsche unter 50 zum Thema Romeo und Julia: Wennse Bock auf Ficken haben, warum tunses nicht einfach?“ Standing Ovations und lautstarke Begeisterung war der Dank der 360 Zuschauer an Heinz Rudolf Kunze, seinen virtuosen Gitarristen Wolfgang Stute und Hajo Hoffmann. Heinz Rudolf Kunze nahm sich anschließend viel Zeit für ein exklusives Interview.

Heinz Rudolf Kunze berichtete, vom Bernburger Publikum und dem Theater Bernburg ausgesprochen beeindruckt zu gewesen zu sein und lies durchblicken, dass dies sicher nicht das letzte Konzert in Bernburg gewesen sei. Er spiele sehr gern im Osten, da generell das Publikum offener sei und mehr kulturelles Interesse habe. Von Anfang an sah er keinen Sinn darin, seine Texte auf Englisch zu verfassen. Seine Ambition liegt im Umgang mit seiner Muttersprache, der Dehnung und Verbiegung von Worten, dem Aufknacken und Nachsehen, was sich hinter bestimmten Begriffen verbirgt. Die Ideen für seine Texte nimmt Kunze aus Bemerkungen, eine Antenne in jeder Situation, ob Gespräche, Fernsehen oder Radio und verfolgt diese in seinen Gedanken weiter. Die Inspiration zu seiner Musik kommt aus dem Bauch, Musik machen ist instinktiv, es passiert einfach. Außerdem Berichtete Kunze das jeder Auftritt wie eine Konzertprobe sei, individuell und spontan. Wir haben kein festes Zeitbudget für einzelne Lieder und müssen uns nach dem Licht der Scheinwerfer oder anderen Dingen richten. Heinz Rudolf Kunze, geboren in Guben (Niederlausitz) wohnt heute in Hannover. Kunze spricht als geborener Ostdeutscher gerne von der Mentalitätsgemeinsamkeit. Den größten kommerziellen Erfolg feierte Kunze 1991: Das Album Brille stieg von Null auf Vier in die deutschen Charts ein. In Gesellschaft von Westernhagen, Grönemeyer, Klaus Lage oder Udo Lindenberg wurden auch seine Alben rasch ganz vorne im Deutschrock-Regal einsortiert. 1987 erhielt Kunze den RTL Sonderlöwe-Preis in der Sparte Neues Deutsches Lied. Im selben Jahr spielte er mit seiner Band Verstärkung in der DDR 70 Konzerte, davon drei vor 40.000 Zuschauern, während der Erfolg im Westen spürbar zurück ging. Die deutschsprachige Rockmusik vor der Wende im Osten besaß einen völlig anderen Stellenwert als in Westdeutschland. Nach 19 Jahren Showbiz veröffentlicht der Songwriter 1999 mit Nonstop seine erste Best Of, die das reichhaltige Programm seiner Schaffenszeit einer neuen Generation vorstellt. Größere Aufmerksamkeit zieht Kunze in den Endneunzigern jedoch weniger durch seine Musik auf sich. Zusammen mit anderen deutschen Alt-Rockern plädiert er lautstark für das Deutsche Rock Radio-Projekt. Dem vordergründigen Ziel, deutschen Musikernachwuchs zu fördern und sämtlichen Schlager- und Mainstream-Formaten eine Alternative entgegenzuhalten, heftet der eher fragwürdige Wunsch an, mal wieder ein "simples Gitarrensolo" (Scorpions-Sänger Klaus Meine) im Radio zu hören.

gbblive.de, 21. Februar 2009

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