Protest

2009

Protest

Nach der deutschen Sprache sieht Heinz Rudolf Kunze nun den antiquierten Begriff "Protest" auf der Liste der gefährdeten Arten. "Viele Menschen sind enttäuscht, dass die Generation der Protestliedersänger die Welt nicht retten konnte. Es gibt aber so viele gute Gründe sich zu empören, dass man diesen Begriff wieder entstauben sollte", schreibt der Liedermacher auf seiner Website.

Wer nun aber aggressiv revolutionäres Liedgut erwartet, liegt völlig falsch. "Auch mit Liebesliedern kann man protestieren gegen das Ausmaß von Lieblosigkeit um uns herum", meint Kunze. In eben diese Richtung zielt das aktuelle Werk des Niedersachsen.

Schon der Opener wünscht sich harmoniebewusst längere Tage mit mehr Licht. Verpackt ist dieses Gesuch in einen durchschnittlichen Popschlager mit Synthie-Streichern, akustischen Gitarren, Klavier und warmen Background-Gesängen – auf jeden Fall Supermarkt- und Tankstellen-kompatibel. Gleich darauf schlägt Einmal noch und immer wieder in dieselbe Kerbe. Schon wünscht man sich Kunzes Protest in die Mottenkiste zurück.

Das angerockte Astronaut in Bagdad stimmt anschließend etwas versöhnlicher. Der Song beschreibt die Erfahrungen eines amerikanischen Soldaten während des Irakkrieges und zeigt, dass Kunze durchaus kein schlechter Texter ist. Leider raubt die glatte Produktion gepaart mit überstrapaziertem Refrain-Gebrauch dem Werk sämtliche Eindrücklichkeit. Die Nummer fliegt einfach am Hörer vorbei und ist bald wieder vergessen.

Mit "Sha La La"-Gesängen und Herzschmerz-Lyrik plätschert das Popliedchen Sie geht vorbei aus den Boxen. In der Ballade Auf einem andern Stern protestiert Kunze leise weiter und philosophiert über den Soll- und Ist-Zustand der Welt.

Der abschließende Lovesong Elixier überrascht dann doch noch: erfreulicherweise sehr spartanisch gehalten und kommt ganz nach alter Liedermacher-Tradition ohne Chorus. Stattdessen zieht sich eine schöne Melodie durch das Stück – solcherlei Dinge hätte es gerne mehr geben dürfen. Insgesamt ist Kunzes Protest einfach zu zahm geraten. Außer ein paar schnell vergessenen Radio-Ohrwürmern bleibt nichts davon übrig. Und die zumindest teilgelungenen Texte gehen darin völlig verloren.

Tobias Litterst, laut.de, Februar 2009

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