Heinz Rudolf Kunze in Merkers (Foto: Gerald Erdmann)

2008

Hochgefühl unter Tage

Heinz Rudolf Kunze und Purple Schulz machen gemeinsame Sache in Merkers

Ein paar Diskussionspunkte gibt es, über die sich die Musiker Heinz Rudolf Kunze und Purple Schulz nicht so recht einigen können. Ob man Johnny Cash 500 Meter unter der Erde näher ist als sonst beispielsweise. Oder ob sich Kunze vom Songtitel "Dumm und reich" angesprochen fühlen sollte.

Abgesehen vom amüsanten Geplänkel bewiesen die beiden Liedermacher jedoch bei ihrem Konzert am Samstag im Erlebnisbergwerk Merkers, dass sie musikalisch ganz hervorragend harmonieren. Zumindest nachdem der kurzzeitig hinter der Bühne verschollene Heinz Rudolf Kunze aufgespürt und auf seinen Platz auf der Bühne dirigiert worden war.

Doch es ist nicht die feinsinnige deutsche Popmusik allein, die den Abend unter Tage zu einem eindrucksvollen Erlebnis für die etwa 2000 Zuschauer macht. Sorgfältig behelmt und von wachsamen Bergleuten begleitet ist bereits die Einfahrt in den Stollen Teil des Konzert-Abenteuers.

Zuerst geht es im vollgestopften Fahrstuhl mit Körperkontakt und (gefühlt) rasender Geschwindigkeit nach unten – dann auf der Ladefläche eines Lkws durch beklemmend enge Tunnel in Richtung Bühne.

Unterirdische Kathedrale

Keinen Anlass zu Klaustrophobie gab es jedoch im ehemaligen Großbunker, der wie eine massive unterirdische Kathedrale wirkte und einen stimmungsvollen Rahmen sowie gute Akustik garantierte.

Es waren vorwiegend die leisen Tönde, die das komplett stromlose Konzert der beiden Liedermacher dominierten. Purple Schulz und Heinz Rudolf Kunze, die beide ihre größten Hits in den Achtziger Jahren vorzuweisen haben, nutzten den außergewöhnlichen Rahmen, um weniger Bekanntes, Experimentelles, und lange nicht Gespieltes auszupacken.

Sowohl Huldigungen an die Sendung mit der Maus als auch Das Ultimatum, ein Lied, das "in der Hitparade der düstersten Songs ganz oben mit dabei ist" gehörten zum gut zweieinhalb stündigen Programm. Besonders im Gedächtnis blieb davon Schulz' Parodie auf den Soulsänger Xavier Naidoo, der statt Abschied doch nur "Aufschnitt" nehmen wollte.

Und ganz ohne die Hits von früher ging es dann auch nicht. Purple Schulz sang "Kleine Seen" und eine eindringlich verdichtete Version von "Sehnsucht (Ich will raus)", und als Heinz Rudolf Kunze die ersten Zeilen von Finden Sie Mabel anstimmte, zitterte das Bergwerk. Aus andächtigen Zuhörern wurden Discofox tanzende Partygäste.

Unspektakulär eindringlich

Schließlich endete das Konzert nach drei Runden Zugabe mit einem Cover von "Won't get fooled again" von der laut Kunze "besten Band der Welt": The Who. Und trotz des Vorbilds der englischen Rockpioniere war kein Zertrümmern der Instrumente nötig. Das Konzert lebte von seiner Eindringlichkeit, nicht von spektakulären Momenten.

Zwei exzellente Musiker, starke Stimmen und starke Worte: Diese Mischung war genug, um auch 500 Meter unter der Erde ein Hochgefühl zu erzeugen, das auch die beklemmende Fahrstuhlfahrt zurück nach oben überlebte.

Hersfelder Zeitung, Saskia Trebing, 18. März 2008

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