Heinz Rudolf Kunze in Sittensen

2007

Ich war gern Randwohner

Rockpoet präsentiert sich im Schulzentrum von einer ganz anderen Seite

Heinz Rudolf Kunze im Gespräch mit der ZZ - "Wir halten überall an, wo man uns haben will"

"Mister Deutschrock" Heinz Rudolf Kunze besuchte am vergangenen Freitag das Sittenser Schulzentrum. Einen Tag nach seinem Auftritt beim deutschen Vorentscheid des Eurovision Song Contest (ESC) stellte der Liedermacher dort sein Buch Artgerechte Haltung vor. Die Zevener Zeitung hatte die Möglichkeit sich vor seinem Auftritt mit dem Rock-Poeten zu unterhalten. Im Gespräch ging es um deutsche Musik, seine Bücher und neue Projekte des vielseitigen Künstlers.

"Ich habe heute in einer Zeitung gelesen, dass ich beim Vorentscheid Zweiter geworden sein soll", sagte Kunze und freute sich sichtlich darüber. Damit schien er selbst nicht gerechnet zu haben, ist er doch gegen die Casting-Band Monrose und den Deutsch-Swinger Roger Cicero als klarer Außenseiter ins Rennen um das Ticket nach Helsinki gegangen. Auf die Frage nach den Chancen für Roger Cicero antwortete Kunze es sei spannend, ob die anderen Nationen deutschsprachigen Swing verstehen werden. "Es ist schon mutig, denn es ist nicht nur eine Ehre dort anzutreten, sondern auch eine große Belastung." Heinz Rudolf Kunze drückt seinem jungen Kollegen jedoch die Daumen. "Vielleicht geschiet ja ein Wunder." Ob er selbst bessere Chancen gehabt hätte wisse er nicht, probiert hätte er es jedoch gern. Seit Beginn seiner Kariere 1980 auf dem "Pop-Nachwuchs-Festival" in Würzburg singt Heinz Rudolf Kunze deutsche Texte. Daher war es zu erwarten, dass er auch als Vertreter Deutschlands beim ESC mit einem deutschen Titel ins Rennen gegangen wäre. "Die europäischen Länder sollen sich bei diesem Wettbewerb präsentieren. Wenn dann ein lettischer Beitrag auf Lettisch keine Chancen auf den Sieg mehr hat macht der Wettbewerb keinen Sinn mehr." Ende der 90er Jahre erregte Kunze Aufsehen als er sich für eine Deutsch-Quote im Radio aussprach. "1997 und 1998 gab es kaum deutsche Musik im Radio, abgesehen vom Volksmusik-Dreck", so Kunze, der jedoch richtig stellte, dass es ihm ursprünglich garnicht um eine Quote ging. Sie verhalf den deutschsprachigen Künstlern lediglich zu Gehör in den Medien. Er habe seine Kollegen sogar davor gewarnt. Ihm sei klar gewesen, dass soetwas nicht realisierbar gewesen wäre, man lebe ja nicht in Frankreich, wo ein Minister das einfach so entscheiden dürfe. Und weiter stellte er klar, dass er es nicht allein gewesen sei, der sich dafür einsetzte. "Ich war Klassensprecher für 80 oder 100 Kollegen und wurde nach vorn geschickt." Heute sei eine solche Quote jedoch nicht mehr nötig. "Es ist doch schön, wenn es sich von allein regelt", sagte Kunze lächelnd.

In Sittensen wurde die musikalische Lesung vom Förderverein für Musik und Kultur der Börde organisiert. Heiko Hastedt, der Vorsitzende des Vereins war es, der beim Management angefragt hatte. "Wir halten überall an wo man uns haben will", sagte Kunze auf die Frage, wie es zu dem Termin in Sittensen gekommen sei. "Wir machen viele Lesungen in kleinen Nestern", sagte Kunze und stellte fest, dass die Leute heutzutage überall gut informiert sein und es keine großen Unterschiede mehr mache, ob man in großen Städten oder kleinen Orten auftritt. "Ich wohne selbst in einem Dorf vor Hannover. Ich war immer gern Randwohner." Das Buch das Heinz Rudolf Kunze in Sittensen vorstellte ist kein Roman und keine Autobiographie, wie man es von anderen Künstlern kennt. Es ist voll von kleinen Prosa Texten und Lyrik. Das Schreiben solcher Stücke habe sich parallel neben der Musik durchgezogen, sagte Kunze. Auf Anfage seiner Fans, denen er auf Konzerten auch Kostproben seiner Prosa-Texte liefert, veröffentlicht er nun alle zwei Jahre ein Buch. "Die Texte darin haben mit meiner Musik nichts zu tun. Es sind nicht meine Liedtexte", sagte der vielseitige Künstler, der mit Artgerechte Haltung sein achtes Buch verfasste, Buch Nummer neun (Ein Mann sagt mehr als tausend Worte) erscheint noch in diesem Monat.

Kunze ist nicht allein nach Sittensen gekommen. Den musikalischen Teil der Lesung übernahm Wolfgang Stute. Die Zusammenarbeit an dem Programm entstand eher durch Zufall. "Zuerst ging es nur um den Job des Managers", sagte Kunze und erzählte, dass Wolfgang Stute und er nach Rumspinnereien auf die Idee gekommen sein die Texte musikalisch zu kommentieren. Stute gehört nicht zur Band Kunzes sondern fungiert sonst nur als Manager. Bei der Lesetour durfte er dann allerdings sein Talent an der Gitarre unter Beweis stellen. Was viele von Heinz Rudolf Kunze wissen nicht ist, dass deutsche Musical-Fans ihm einige Übersetzungen von sehr erfolgreichen Bühnenstücken zu verdanken haben. Welterfolge wie Miss Saigon, Les Miserables und Joseph brachte er ins Deutsche. Weitere Übersetzungsprojekte sind vorläufig jedoch nicht geplant. "Vom Übersetzen bin ich in letzer Zeit eher zum selber Schreiben gekommen", sagte Kunze und berichtete von seinem Musical Ein Sommernachtstraum und dem für Sommer 2007 geplanten "Kleider machen Liebe oder Was ihr wollt". Nach seinem Besuch in Sittensen besuchte Kunze als nächstes Braunschweig und Köln. Am 18. März stellt er dann in Berlin sein neues Buch vor und am 26. April beginnt seine Deutschlandtour. Mit neuen Liedern im Gepäck kommt er unter anderem auch nach Worpswede, Hamburg, Hannover und Osnabrück.

Zevener Zeitung, 13. März 2007

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