Heinz Rudolf Kunze und Wolfgang Stute in Sittensen

2007

Heinz Rudolf Kunze begeistert Sittenser

Heinz Rudolf Kunze in Sittensen (Foto Simone Schein)Die Welt ist Pop hieß es am Donnerstag Abend im Hamburger Schauspielhaus. In der Pausenhalle des Sittenser Schulzentrums hatte man am vergangenen Freitag eher das Gefühl die Welt sei schlecht, dies jedoch auf sehr witzige Art und Weise. Heinz Rudolf Kunze stellte am Freitag sein Buch Artgerechte Haltung mittels einer musikalischen Lesung dem Sittenser Publikum vor. Dieses war kleiner als erwartet, doch das tat der guten Stimmung keinen Abbruch.

Heiko Hastedt, Vorsitzender des veranstaltenden Fördervereins für Musik und Kultur, begrüßte die Gäste in der Pausenhalle, die zum Teil weite Wege auf sich genommen hatten. "Ich bin extra für Heinz gekommen", sagte eine Dame aus Chemnitz freudestrahlend im Gespräch mit unserer Zeitung. Sie, ein Redaktionsmitglied einer Kunze-Fan-Website, war zusammen mit ihren Fanclub-Kollegen auch schon in Hamburg dabei, wo Kunze sich um ein Ticket als deutscher Vertreter beim Eurovision Song Contest bewarb. "Es bot sich an den Termin in Sittensen dann auch wahr zu nehmen", so ein Münsteraner Fan aus der kleinen Reisegruppe.

Heinz Rudolf Kunze war nicht allein nach Sittensen gekommen. Sein Manager Wolfgang Stute übernahm den musikalischen Teil der Lesung an der Gitarre. Er war es auch, der den Zuschauern den Ablauf des Abends erklärte. "Ich setze mich gleich dort hin und spiele Gitarre. Dann kommt Heinz, setzt sich hier hin und liest. Dann spiele ich wieder Gitarre." So kam es dann auch. Der Gitarernvirtuose spielte ein Eingangsstück und Heinz Rudolf Kunze betrat die kleine Sittenser Bühne.Gleich der erste von Kunze vorgetragene Text machte die Richtung deutlich, in die der Abend gehen würde. "Deutschland ist auf den Weg in den Abgrund" hieß es dort. Heinz Rudolf Kunze zeichnete ein Horrorszenario mit sehr offenen Worten. Er übteKritik an der Gesellschaft, der Politik, den Medien. Doch bei all seinen Schreckensbotschaften hat man nie Angst bekommen. Seine zynisch und bitter böse vorgetragenen Texte sorgten weniger für Angstschreie, als für laute Lacher im Publikum. "Meine Literatur hat sehr starke kabarettistische Aspekte", sagte Kunze vor seinem Auftritt im Gespräch mit unserer Zeitung. Diese waren dann nicht zu überhören. Scharf beobachtet zeigte er seinen Zuhörern auf, in welch skuriler Welt sie leben. Kunze stellt in seinen Texten immer wieder Charaktere vor, die eine Karikatur eines jeden Einzelnen sein könnten. Da gibt es den Nichtraucher von berufswegen, den Herren, der seine Hose begraben musste, obwohl er sehr an ihr hang, die beiden nervigen Radiomoderatoren, die mit aufgesetzter Fröhlichkeit Blitzermeldungen verlasen und den frustrierten ostfriesischen Bergführer. Auch die Politik muss ordentlich von Kunze einstecken. Vom Berliner Regierungsviertel halte er nicht viel, es sei auch viel mehr ein Sechzehntel, "wenn es hoch kommt" und zum Thema Wiedervereinigung meint Kunze nach einer Begebenheit in Berlin: "Es ist noch viel zu tun im Osten".

Heinz Rudolf Kunze in Sittensen (Foto: Simone Schein)In einer kurzen Pause reflektierten die begeisterten Gäste das Gesehene. "Es ist sehr gut! Wir sind angenehm überrascht", sagten Gabi Buse und Cirsten Möller-Bassen im Gespräch mit unserer Zeitung. "Er spricht uns zum Teil aus der Seele und man kann ihm sehr gut zuhören, er hat eine angenehme Stimme", so die beiden Damen, die den Besuch der Lesung schon seit Weihnachten geplant hatten. "Alle die nicht hier waren haben wirklich etwas verpasst!" Viele der Gäste gingen ohne große Erwartungen in die Veranstaltung. Da man Heinz Rudolf Kunze eher als Sänger kennten konnten sie sich im Vorfeld garnicht richtig vorstellen was sie erwarten wird. So auch Bruni und Thomas Novak aus Walsrode. "Er ist sehr entspannt und witzig. Es ist zwar ein sehr bitterer Humor, er ist es selbst jedoch garnicht. Das ist sehr angenehm", so die beiden Walsroder, die sich als Vorbereitung auf den Abend Musik von Kunze angehört haben. Nach der Pause und weiteren Texten aus seinem Buch Artgerechte Haltung griff der Liedermacher zur Freude der Anwesenden auch noch selbst zur Gitarre. Nachdem er von einem Gespräch mit Elvis berichtete, mit dem er über die Tücken von Gleitsichtbrillen sprach ("da seh ich doch lieber undeutlich") spielte er den Hank Williams Song "Lost Highway". Ohne Zugabe hat das Sittenser Publikum den "Rock-Poeten", wie er von seinen Fans genannt wird, nicht gehen lassen. "Ich habe einige Lieder für Herman van Veen geschreiben", sagte Kunze und stellte auch heraus, dass er dies immer gern getan hätte. "Doch zwei oder drei davon hätt ich lieber selbst gesungen", sagte er schmunzelnd und sang das Lied Möglicherweise ein Walzer. "Weil heute der Abend nach der Schlacht ist", gab es noch zwei weitere Lieder von seinem neuen Album Klare Verhältnisse.

Bei stehenden Ovationen zeigte sich Kunze sichtlich erfreut, rief "das ist besser als Helsinki!" und nahm sich im Anschluss viel Zeit für die Autogrammwünsche seiner Fans.

Zevener Zeitung, 12. März 2007

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