„Einer muss meine Texte ja singen“
Gerade präsentierte Heinz Rudolf Kunze sich als Kandidat für den Grand Prix-Vorentscheid, seit gestern gibt es sein neues Album. Christoph Forsthoff traf den Deutschrock-Veteranen.
Rundschau: Tobias Künzel, der Frontmann der Prinzen, bezeichnet Sie als Popstar, Poet, Sänger, Musiker, Mensch, Intellektueller und Künstler sehen Sie sich auch in dieser Vielfalt.
HRK: Ich muss mich ja nicht sehen Ihr müsst mich sehen.
Rundschau: Deshalb interessiert mich ja, wie Sie sich sehen.
HRK: Sicher ist das richtig, was er aufzählt wobei Popstar wohl am wenigsten zutrifft. Denn meine Werke sind mir wichtiger als meine Person: Zwar singe ich die selber, doch nicht, um mich zu präsentieren, sondern weil einer diese Lieder und Texte vortragen muss.
Rundschau: Was ja ein gewisses Sendungsbewusstsein ausdrückt.
HRK: Ich hätte mir auch ein Leben wie Bernie Taupin, der Texter von Elton John, vorstellen können, hinter den Kulissen aber es wollte halt keiner singen, was ich machte, und so musste ich selber auf die Bühne.
Rundschau: Dieser Mitteilungsdrang passt ja zum Klischee des Oberlehrers, das Ihnen anhängt ...
HRK: Mein Publikum sieht mich nicht so. Von allen Deutschrock-Machern schwenke ich die wenigsten Botschaften ich lasse die Leute immer mit offenen Schlüssen allein.
Rundschau: Auf jeden Fall haben Sie doch den Anspruch, die Menschen zum Nachdenken anzuregen.
HRK: Nö ich habe den Anspruch, die Leute gut zu unterhalten. Und wenn dazu gehört, dass die Leute über etwas nachdenken möchten, ist mir das recht aber Absicht ist das nicht.
Rundschau: Sie haben immer künstlerische Vielfalt geschätzt. Hatten Sie nie Angst, sich zu verzetteln?
HRK: Ich kann nicht anders! Mir fallen zu verschiedene Sachen ein. Es hat keinen Sinn, das mit der Heckenschere zu begradigen und warum sollte ich mich da auch beschneiden? Das macht mich nicht glaubwürdiger. Auch wenn es geschäftlich unklug ist: Ein Künstler, der nur einen Stiefel macht, ist leichter zu vermarkten als jedes Waschmittel.
Rundschau: Sie hatten das Hit-Rezept ja schon mal in der Hand, als Sie Dein ist mein ganzes Herz geschrieben haben ...
HRK: ... nein, das Rezept hatten wir nie nur Glück.
Rundschau: Mehrere Songs auf Ihrem neuen Album lassen an einen Rückblick denken ist für Sie mit dem 50. Geburtstag Zeit für eine Zwischenbilanz?
HRK: Auch wenn ich nicht weiß, was die moderne Medizin noch zustande bringen wird, so ist doch davon auszugehen, dass ich den größeren Teil meines Lebens gelebt habe und dazu muss ich mich doch irgendwie verhalten. Als Endbilanz sehe ich es indes nicht: Ich habe noch viel vor.
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