Dylan, Waits und ganz viel Kunze
Seit 25 Jahren stehen Heinz Rudolf Kunze und seine Verstärkung für eingängige Rockmusik und ungewöhnliche deutsche Textkunst. Ausgefallene Wortspiele, neu geschaffene Metaphern, Geschichten, die typisch Deutsches aufspüren, dem Alltagswahnsinn nachgehen und ungewöhnliche Beziehungsbilder malen. Morgen erscheint das neue Album von HRK. Klare Verhältnisse heißt es. Medienrauschen hat vorgehört und versucht eine kurze Rezension.
Vor dem Hören kommt allerdings das Lesen. Sony BMG hat ein Vorwort zum neuen Kunze-Album mitgeschickt. Das kommt von „Prinz“ Tobias Künzel und ist so gut, dass man sich fragt, warum es dieses Vorwort nebst Antwort des Meisters nicht ins Booklet schaffte. Ein Auszug:
Lieber Heinz!
Du bist ein Popstar, Du rufst mich nicht an, du lässt anrufen, so auch wenn es um die Bitte geht, ein „Vorwort“ für dein neues Album zu schreiben.
[…]
Man muss sich auf dieses neue Album von dir einlassen. Du forderst, ohne ignorant zu sein. Das finde ich gut. Nun klingt diese CD manchmal ein bisschen wie ein Rückblick und ab und zu sogar wie Abschied. Den Rückblick las ich gelten [ …] Für einen Abschied jedoch ist es eindeutig zu früh.
Also, halt uns auf dem Laufenden!
Das tut er. In Ein Traum erzählt HRK, wie es bei ihm daheim aussah, als er Kind war. Zumindest gibt er dem Hörer den Eindruck. „Mein Vater hieß Roswitha, doch nur für sich allein. Es soll für meine Mutter nicht ganz neu gewesen sein“, ist da zu hören. Ein treibender, rockiger Song mit Pianotönen und sarkastisch anmutender Refrainzeile: „Ein Traum, ein Traum, ein Traum, haha, ein Traum“. Kunze selbst sagt über den Song: „Die Kaiser Chiefs gewinnen den 1. Preis bei einem Who-Imitationswettbewerb mit einem deutschen Trinklied“. Nein, Heinz, es ist besser als ein Trinklied.
Sowas ähnliches wie Liebe ist das, wonach es sich anhört: Sowas ähnliches wie ein Liebeslied. „Plötzlich geht die Sonne auf und ich krieg sie nicht mehr zu“. Typisch Kunze. Kaum streift er die romantische Ecke, macht er sich im nächsten Halbsatz gleich wieder darüber lustig.
Balladen sind Kunzes Spezialität. Im Gegensatz zu anderen Künstlern, die Balladen nur mit einem langsamen Lied gleichsetzen, hat Heinz in seinen Kuschelsongs auch was zu erzählen. Dank sei der „Versuch eines provisorischen Grabsteins, irgendwo zwischen Udo Jürgens und John Lennon“. Den Flügel ersetzt Kunze dankenswerterweise durch das Keyboard, auch wenn das zeitweilig zu dominant ist. Der Text widerspricht der Überschrift allerdings. Dank will er nicht. „Nicht für das, was ich getan hab. Wenn schon, dann für was ich war. Ich war wild zu mir entschlossen und ein bisschen sonderbar.“
Melancholisch und zu Tränen rührend ist Ohne Euch. Kunzes „verdiente Hymne an die Fans“, wie er selbst sagt. „Ohne Euch bin ich verloren. Ohne Euch bin ich auf Widerruf geboren“, singt er und gibt in der nächsten Zeile seine eigene Scheu zu: „Kommt mir halt nicht unbedingt zu nah, seid nur einfach unauffällig da“.
Scheu und Schüchternheit sei auch der Grund, warum Kunze Tobias Künzel anrufen ließ und es nicht selbst tat. „Ich wollte dich nämlich nicht durch einen persönlichen Anruf unter Druck setzen. Danke für alles. Dein Heinz!“
Wir haben zu Danken. Für ein Album voll komischer Elemente und ehrlichem Rock. Mit Einflüssen von Tom Waits, Bob Dylan, Pink Floyd und, Gott sei dank, ganz viel Kunze.
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