Heinz Rudolf Kunze

2005

Mehr als dies

Gedanken zum Wochenende

Auf dem Connewitzer Straßenfest waren sie zu sehen: die schönen Schwangeren, die ihre dicken Bäuche unverschämt schön zeigen. Neben ihnen schlenderten die jungen Mütter oder Väter und hatten die winzigen und mittelgroßen und größeren Zwerge auf den Bauch gebunden. Dazu die fröhlich dreckigen geschminkten Kleinkinder, die bereits von ihren eigenen Beinen getragen werden. Vielen Dank für dieses Bild der Hoffnung. "Wenn dein Kind dich morgen fragt" – das Motto des 30. Evangelischen Kirchentags in Hannover stand in der Gefahr, zur Groteske zu werden, weil es keine fragenden Kinder geben wird. Aber nein. Es wird sie geben. Es gibt sie. Denn: Nichts muss bleiben, wie es ist!

Heinz Rudolf Kunze hat sich endlich überreden lassen und ein Lied für den Kirchentag gemacht. Er hat sich endlich überreden lassen und gibt in Hannover ein Open-air-Konzert. Der ist Christ. Keiner, der mit seinem Glauben hausieren geht, aber einer, der immer noch zur Kirche hält. Es gibt sie noch. Die Nachdenklichen, die mit Kirche was anfangen können. Gott sei Dank! Denn: Nichts muss bleiben wie es ist!

Mehr als dies heißt der, Song. Macht Laune und kommt an. Und ist verdammt fromm. Mehr als dies? „Wenn dein Kind dich morgen fragt, wozu sind wir auf der Welt, wenn es anfängt sich zu wundern ... Dann bleib nicht die Antwort schuldig ... Was man ganz tief drinnen spürt, das kommt nicht von ungefähr. Glaub mir, denn es existiert. Mehr als dies.“

Wäre das etwas, worauf wir uns einigen könnten? Glauben glaubt an das Mehr-als-dies. Glauben betont das Mehr-als-wir! Von dort ist es nicht weit zu den Kindern. Und die Begründung? Nichts muss bleiben wie es ist! Ist das nicht herrlich? Wenn wir die Stirn in gewichtige Falten legen und die Zustände zum Kotzen finden, uns in unserem Ärger gemütlich eingerichtet haben, kommt der unverschämt schöne Glauben und sagt: Nichts muss bleiben wie es ist! Mehr als dies. Los komm, lass dich einladen. Machen Sie sich auf nach Hannover und schnuppern sie mal rein in ein Fest von Menschen, die sich auf einen solchen Glauben eingelassen haben. So wird die Welt anders. Nichts muss bleiben wie es ist! So ist es.

Christiane Thiel, Leipziger Volkszeitung, 28. Mai 2005

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