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Witz, Charme und eine tolle Stimme – Heinz Rudolf Kunze begeisterte sein Publikum in Bad Elster. (Foto: Steffen Adler)
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"Bockwurst und Schadenfreude"
Rockpoet Heinz Rudolf Kunze zu musikalischer Lesung in Bad Elster
Er sei ein Buchstabensuppenkasper stellt er sich dem Publikum zu Beginn vor. Das ist in etwa so tief gestapelt, als würde Bill Gates behaupten, er betreibe im Hinterhof einen Computerersatzteilhandel. Denn Heinz Rudolf Kunze ist ein Rock-Poet. Und beides unübertroffen gut. Im König Albert Theater in Bad Elster stellte er seine aktuelle Wortakrobatik in der musikalischen Lesung "Bockwurst und Schadenfreude" vor. Begleitet wurde er dabei von Wolfgang Stute, der seiner Gitarre Töne entlockte, die allein schon das Kommen lohnten.
Kunze zu verstehen, erfordert Mitdenken bis zu intellektuellen Schmerzgrenze. Denn der Hannoveraner ist "Phrasenhenker und Überflieger, Frauenfühler und Rechtbehalter", wie er sich analysiert, und von allem sehr viel. Sein Humor ist skurril, zuweilen schwarz und oft bitter bös. "Die Frauen sind selber schuld, dass die Männer schuld sind", wirft er uns vor die Ohren. Und von dort muss die Feststellung ins Großhirn, wird abgetastet, verstanden, oder als zu kompliziert in die hinterste Ecke verbannt. Der Kunze macht auch schnöde Witze über Blondinen, bloß klingen sie bei ihm nicht wie solche, sondern eher wie die selbst auferlegte Last, auch diese Volksgruppe verstehen zu wollen. Als D-Day für Blondinen hat er den Tag ausgemacht, an dem sie den letzten Buchstaben im Alphabet gelernt haben.
Und er macht sich lustig über die Familienmanagerinnen, früher kurz Hausfrauen genannt. Geht Sensibles, nicht mehr Gesagt-werden-dürfens an. "Kraft durch Freude". Drei schlichte wahre deutsche Worte. Aber nein, sie wurden zum „verseuchten Wortfeld, zum semantischen Tschernobyl in diesem Land der Lachgaskammern“. Das könnte einem Comedian das lose Maul kosten, bei einem Kunze regt es zum Nachdenken an.
[... weggelassen, um nicht alle Pointen zu verraten ...]
Splash-Humor vom Feinsten beim Sinnieren über Kassel, dessen "Ortausgangsschild das schönste Verkehrszeichen Deutschlands ist". Und selbst die Documenta passt zu Kassel, "wie das Cocktailkleid zu einer fülligen Fleischereifachkraft". Im zweiten Programmteil Gedanken zum Hochzeitstag, einem zweistelligen. "Du hast Dich mir mit Deinem Genöle so eingeprägt, eher vergess' ich mich, als unseren Hochzeitstag". Liebeserklärung a la Kunze. Und noch einmal eine Reihe wunderschön lyrischer Songs. Das autobiografisch geprägte Brille. "Du musst besser sein Brille, viel besser als der Rest", bekommt Steppke Heinz Rudolf mit auf den Weg. Und das hat ja nun wirklich eindrucksvoll funktioniert.
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