Cover des Albums "Rückenwind"

2003

Rückenwind

Bei allem Respekt vor den Verdiensten, die sich Heinz Rudolf Kunze um die deutschsprachige Rockmusik erworben hat – auf den letzten Alben klang er doch ein wenig in die Jahre gekommen. Der richtige Zeitpunkt für eine Frischzellenkur, und genau die hat der Ostwestfale jetzt vollzogen. Eingespielt in Franz Plasas Home Studio mit jungen, frischen Begleitmusikern, klingt Rückenwind wesentlich zeitgemäßer und inspirierter als die Vorgängeralben. Die Band rockt herzhaft, Kunze phrasiert ungewohnt entspannt, die noch immer oftmals metaphorischen Texte kommen ohne jenen unterschwelligen Oberlehrer-Duktus aus, mit dem Kunze in der Vergangenheit außerhalb des sozialdemokratisch geprägten Bildungsbürgertums bisweilen auf wenig Gegenliebe stieß. Der Rückenwind bläst direkt, nichts klingt bemüht; Kunze macht wenige Andeutungen, sondern nennt die Dinge beim Namen. Schön etwa der Refrain: "Wozu Feinde, wenn man sich selber hat? Wozu Feinde, man hat sich selber satt."

Erfreulich ist zudem, daß Kunze die neuen Begleitumstände nicht dazu mißbraucht, sich mit elektronischen Gimmicks bei einem jüngeren Publikum anzubiedern, halbherzige Pseudo-Modernismen finden nicht statt. Würde Kunze in englischer Sprache singen, müßte man ihn als singer/songwriter mit deutlicher Affinität zu Rock und Pop klassifizieren; den englischen songwriter schlicht durch einen deutscher Liedermacher zu ersetzen hat allerdings noch nie viel Sinn gemacht. Nennen wir das ganze also Deutschrock, auch wenn dieser Begriff irgendwie nach Klaus Lage zu Anfang der 80er Jahre klingt – mit dem Rückenwind wirklich nur noch die Sprache gemein hat.

Musik-Check: sehr gut (vier von fünf Sternen)
Hifi-Check : sehr gut
(vier von fünf Sternen)

Andreas Kunz, Stereo, April 2003

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