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Neuer Rock und alte Hits
Ein Heimspiel für Heinz Rudolf Kunze im Hyde Park
In seiner schwarzen Kleidung, mit Barett auf dem Kopf und rotem Stern auf dem T-Shirt, paßt er gut in die Umgebung: Heinz Rudolf Kunze tritt im Osnabrücker Hyde Park auf. Früher, als der Rockbarde noch hier lebte und Songs wie Dein ist mein ganzes Herz die Hitparaden stürmten, war er in der Kult-Diskothek eher als Gast aufgetaucht, vor allem, wenn gute Rock-Konzerte stattfanden. Seine eigenen Gastspiele absolvierte er in der Stadthalle, die er mit Leichtigkeit ausverkaufte. Heute treffen Kunzes Lieder nicht mehr den Massengeschmack. Die nachdenklichen, oft kritischen Texte prallen ungehört an Jugendlichen ab, die sich eher für Handy und PC-Spiele interessieren, und erreichen junge Leute weniger, die sich Konsum und Karriere verschrieben haben.
Um so erstaunlicher fällt der Blick auf sein Publikum im "Park" aus. Sicherlich, der Großteil der Zuschauer besteht aus Fans, die mit Kunze älter geworden sind und ihren vierzigsten Geburtstag bereits hinter sich haben. Doch erstaunlich viele junge Leute mischen sich unter die "Oldies". Da sieht man junge Frauen, die kaum älter als zwanzig sind und begeistert die Refrains mitsingen, und Fans, die man eher der Sparte Indie-Rock oder Underground zuordnen würde, klatschen mit Kunze fleißig den Rhythmus. Vielleicht sind die Menschen nach den furchtbaren Ereignissen des Elften September doch nachdenklicher geworden, so daß Kunzes vertonte Betrachtungen über Gott und die Welt nicht nur bei seinen treuesten Sympathisanten auf offene Ohren stoßen.
An die eintausend Besucher erleben nun einen gut aufgelegten Sänger, der seine Unsicherheit gut in den Griff bekommt, die ihn nach eigenen Abgaben regelmäßig befällt, wenn er in seiner alten Heimat auftritt. Das Publikum gibt ihm aber auch schnell das Gefühl, daß er ein Heimspiel bestreitet. Als Heinz nach einem Instrumental-Intro der Verstärkung, seiner langjährigen Begleitband, die Bühne betritt, wird er schon bejubelt, und sogar die neuen Stücke seiner aktuellen CD Halt werden enthusiastisch aufgenommen.
Kunze rockt den Park, und manch ein Zuschauer glaubt die selbstironische Bemerkung des Sängers, daß er die "Zukunft des Rock'n'Roll" sei. Besonders frenetisch werden jedoch seine "alten Hits" abgefeiert. Ob er im Song Mit Leib und Seele zur Mundharmonika greift, um die Riffs seines Gitarristen Heiner Lürig anzureichern, oder sich zu Balladen und anderen Liebesliedern an den Flügel setzt, um seine lyrischen Texte mit Piano-Klängen auszuschmücken, stets trifft er einen Punkt im Inneren des Zuhörers, der offenbar in der Lage ist, positive Schwingungen auszulösen.
"Es ist möglicherweise das letzte Lied, welches ich 1988 in Osnabrück geschrieben habe, bevor ich diese Stadt verlassen habe." erklärt HRK und intoniert Ich geh meine eigenen Wege. Ist da etwa ein Hauch von Wehmut zu spüren? Doch nein, er bereut seinen Weggang nicht – jedenfalls nicht, wenn man seinem Text folgt. Doch läßt er es sich nicht nehmen, zur Zugabe in einem VfL-T-Shirt auf die Bühne zu treten. Anbiederung? Oder hegt "Brille" in Ermangelung eines potenten Fußballvereins in Hannover tatsächlich Sympathien für die momentan so erfolglosen lila Kicker von der Hase? Das Osnabrücker Publikum honoriert den "Werbegag" sowie das gesamte "Heimspiel" mit heftigem Applaus, der für drei Zugabenblöcke reichte.
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