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2001

Der Heinz hat die Beatles im Bauch

"Ihr müsst mich nicht mögen", steht auf den T-Shirts. Aber was spricht eigentlich dagegen?

Musikalisches Erbe der 70er Jahre ist beim Kunze-Konzert in der Auricher Stadthalle allgegenwärtig

Aurich. Dass Heinz Rudolf Kunze nicht wie ein Popstar aussieht, sollte man ihm eigentlich nicht vorwerfen. Es kommt schließlich nicht auf das Äußere an, sondern auf die Musik. Außerdem hat der Osnabrücker, der am Sonnabendabend in der Auricher Stadthalle das zweite Konzert seiner neuen Deutschland-Tournee gespielt hat, bei der Lichtanlage nicht gegeizt. Scheinwerferbatterien lenken ab von Doppelkinn, Stoppelhaaren und Spoilerbrille.

Nun, ein schöner Mann ist Heinz Rudolf sicher nicht, und will er wohl auch nicht sein. "Ihr müßt mich nicht mögen", steht auf T-Shirts, die man im Foyer kaufen kann. Aber zuhören sollen wir ihm. Seine Vorbilder, hat Kunze mal gesagt, seien The Who und Bob Dylan. Ja sicher, und das musikalische Vorbild von Dieter Bohlen ist John Lennon.

Außerdem hat Kunze mal gesagt, dass die beste Musik in den 70ern gemacht wurde. Damit hat er sich eigentlich schon selbst von der Bahn gekickt: Bekanntlich trat er erst in den 80ern in Erscheinung. Damals gehörte er mit Herbert Grönemeyer und Klaus Lage zur Phalanx deutscher Betroffenheit. Wonnevoll wälzte man sich damals im bittersüßen Weltschmerz.

Die 80er sind vorbei, und Heinz Rudolf hat das Betroffenheitsgedöns zum Glück hinter sich gelassen. Was er mit seiner Verstärkung in Aurich abliefert, ist ein Abend mit abwechslungsreicher Party-Musik. Halt ist der Titel seiner neuen CD, Halt ist der Titel der Tournee und "Halt" steht in großen Lettern vor dem längsgestreiften Bühnenhintergrund wie einst die Styropor-Buchstaben in der Bühnendeko vom EWG-Quiz.

Die Musik ist schonmal gut, aber der Klang in der Stadthalle ist grausam. Setzt sich Heinz Rudolf ans E-Piano, dröhnt es vor allem am Hallenrand in den Ohren, als würde die Resopal-Umgebung an Wänden und Decke mitschwingen. Gitarren und Bass verschwimmen in einem Klangsumpf und die Stimme ist zwar zu hören, aber nicht zu verstehen.

Was ein echter Kunze-Fan ist, dem ist das egal. Er kennt die Texte sowieso auswendig und singt mit. Zwischendurch tischt uns der Sänger ein rätselhaftes Gleichnis auf, in dem er seine musikalischen Vorbilder bezichtigt, entweder Leichen zu sein, oder so auszusehen. Am Ende ist er "die Zukunft des Rock'n'Roll", weil er die Reste der geschmolzenen Beatles ausgetrunken hat. Hoffentlich liegen sie nicht zu schwer im Magen. Die Zukunft des Rock’n’Roll lässt aber die Vorbilder aus der Steinzeit aber mächtig durchscheinen. Bei Steppenwolf, Led Zeppelin und den Stones haben die Osnabrücker ordentlich abgekupfert.

So viel zum Thema Vorbilder. Die Leute in der Halle interessiert das sowieso nicht. Sie sind schließlich nicht gekommen, um The Who oder Deep Purple zu hören, sondern Kunze. Der sollte das nächste Mal einfach sagen: Meine Vorbilder sind Status Quo und Marius Müller-Westernhagen. Dann sagen wir: Super, Heinz, das war sogar viel besser.

Karin Lüppen, Ostfriesen Zeitung, 23. April 2001

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