Titelseite von "Ein Mann sagt mehr als tausend Worte"

2007

Der Verrückte und der Geisteskranke

V: Ich bin nicht geisteskrank.
G: Nie und nimmer. Dazu müßte ja ein Geist vorhanden sein, der krank werden könnte. Da mach dir mal keine Sorgen.
V: Und du bist nicht verrückt.
G: Nicht verrückter als alle anderen.
V: Gibt es überhaupt Gesunde?
G: Ich glaube nicht. Die tricksen und täuschen nur geschickter als wir.
V: Aber ehrlich währt am längsten.
G: Schmort am längsten. In der Hölle.
V: Warum ist mir dann oft so kalt?
G: Weil dir der Wind zum einen Ohr hinein und zum andern Ohr hinaus pfeift, ohne auf Widerstand zu stoßen.
V: Du bist gemein.
G: Nur ehrlich.
V: Dann bist du zu recht in der Hölle.
G: Stimmt.
V: Aber ich nicht. Wenn ich keinen Geist habe, habe ich auch nicht die Wahl, ehrlich oder unehrlich zu sein.
G: Da ist was dran. Aber du hast doch das geflügelte Wort vom Ehrlichsein von dir gegeben.
V: Das war nur ein Spruch. Geplapper. Papageiensalat.
G: Sollte ich dich unterschätzt haben?
V: Da wärst du nicht der erste.
G: Aber mit Sicherheit der letzte.
V: Wieso?
G: Es kommt keiner mehr. Wir bleiben unter uns.
V: Du meinst, er kommt nicht zurück?
G: Niemals. Da müßte er ja verrückt sein.
V: War er das denn nicht?
G: Ich glaube nicht. Eher geisteskrank.
V: Du bist eitel.
G: Möglich.
V: Immer willst du was Besseres sein.
G: Zugegeben. Aber ich bin gestraft genug.
V: Womit?
G: Mit dir.
V: Gestraft von wem?
G: Von dem, der nie zurückkommt. Von wem denn sonst, du Idiot.

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