|
|
|
Der frühe Gott
ICH PERSÖNLICH STEHE JA MEHR
auf den frühen Gott. Der
massierte die Milchstraßen, der robbte durch den Raum
wie rollige Katzen (eingesperrte).
Der hatte das Leben noch vor sich,
einen unabsehbaren Terminkalender,
eine einzige weiße Möglichkeit,
ein Abhang voller Schnee,
und er fuhr los.
Er schoß durch Ziellinien, die er
immer noch gerade rechtzeitig vorher erfand,
und immer als fünfter, weil es ihm
so gefiel. Seine Sprache war wirbelndes Gas,
sein Traum waren wir.
Er erfand uns, weil er Wesen beim Lesen beobachten wollte:
Magere Mönche, Pergamente kopierend,
die Zungenspitze an der Nase,
hüstelnde Hausfrauen in muffigen Sprechzimmern,
zerfahren in zerlesenen Modezeitschriften blätternd,
frierende Feldherren auf windigen Hügeln,
mit entschlossenen Zeigefingern die Pfeilrichtung
der Kavallerie verfolgend,
krümelnde Kinder, die Münder geöffnet,
von Mitleid geschüttelt, kurz vor dem
Wendepunkt des Märchens.
Der frühe Gott hatte die Sterne nicht nötig.
Er fuhr sich viel zu oft durchs Haar
und wußte, daß er mit jeder Unterlassung
etwas bewies.
Sein Herz sah aus wie das erste Zimmer,
das du bewohnst, wenn du von zuhause ausziehst.
Er spielte gerne Schlagzeug,
irgendwann hast du ihn gehört.
Die Nacht deines ersten Geschlechtsverkehrs
duftete nach dem Gras, das ihr gemeinsam
zu dritt geraucht habt.
Aber das hast du alles vergessen, ich weiß,
es hat dich viel Mühe gekostet.
Ich persönlich stehe mehr auf den frühen Gott.
Den späteren nehme ich mehr oder weniger
nur noch in Kauf,
wie jemanden, der so einen Stein im Brett hat,
daß man ihn halt auf jeden Fall,
was er auch täte,
verstecken würde.
|
|
|