Das Kraut

Einst saß ich auf den Klippen
und schaute auf dem wilden Schaum der See.
Da hob sich aus den Fluten
ein Wassermädchen schimmernd weiß wie Schnee.
Sie tanzte mit Delphinen,
der Sternenhimmel hat ihr zugeschaut.
Sie sang von einem Liebessaft,
von einem sehr geheimnisvollen Kraut.

Hol mir das Kraut, mein Diener!
Es koste was es wolle, und geschwind!

Bin dreimal um die Erde,
eh drei Minuten abgelaufen sind.

Und zwischen Mond und Erde
flog Amor auf der Jagd nach einem Herz.
Er fand eine Prinzessin
und zielte seinen Pfeil in ihren Schmerz.
Er schoß – und er verfehlte,
das war ihm wohl noch nie zuvor passiert.
Die traurige Prinzessin
blieb lebenslang von Liebe unberührt.

Der Pfeil traf eine Blume,
und aus der Wunde tropfte Mondscheinblut.
Der Saft, im Schlaf geträufelt,
treibt Mann und Frau in heiße Liebesglut.
Ein Tröpfchen auf die Augen –
der erste, den du siehst, wird wild begehrt.

Hol mir das Gift, beeil dich,
der Saft ist wirklich eine Sünde wert.

Hol mir das Kraut, mein Diener!
Es koste was es wolle, und geschwind!

Bin dreimal um die Erde,
eh drei Minuten abgelaufen sind.

Dann folge ich Titania
und überrasch sie mit dem Saft im Schlaf!

Sie liebt, sobald sie aufwacht,
den ersten besten – Bär, Wolf oder Schaf!

Nur ich kann sie erlösen,
ich hab als Gegenmittel noch ein Kraut ...
doch wer kommt dort? Ich lausche,
zum Glück bin ich ja unsichtbar gebaut ...