Heinz Rudolf Kunze liest (Foto: Gerald Erdmann)

2006

Leute in Leipzig

„Mit Frauen diskutieren ist, wie einem Pony Altgriechisch beibringen. Es geht. Man darf nur nicht erwarten, die Antwort zu verstehen." Heinz Rudolf Kunze kann auch austeilen. Wer ihn bislang nur als Dein-ist-mein-ganzes-Herz-Sänger kannte, wurde bei seiner Lesung in der Panitzscher Kirche überrascht. Der 49-jährige brachte Bissiges ins hoffnungslos überfüllte Gotteshaus. Pfarrer Reinhard Freier hatte zuvor extra den Statiker kommen lassen: "Es war abzusehen, dass es voll wird, und ich wusste nicht, ob die Balkone das aushalten."

Selbst in der Kanzel saßen zwei Zuschauer und machten lange Hälse. Zwischen den Texten spielte Manager und Gitarrist Wolfgang Stute entspannende Lieder und haute auch auf die Trommel. Nicht nur die Frau bekam von Kunze ihr Fett weg. Auch über das Älterwerden, Promis, Superstars und Ehepaare lästerte er, vor allem aber über jene Politiker, die mit Worthülsen bei jedem schrecklichen Vorfall "professionell ihr Mitgefühl wie auf Knopfdruck ausdrücken". Dabei bekam der Sänger gerade noch die Kurve: Natürlich gelte sein Mitgefühl den Leipziger Geiseln. Der Applaus kam prompt, das Publikum hatte verstanden.

Leipziger Volkszeitung, Daniel Große, 21. Februar 2006

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