Titelseite von "Mücken und Elefanten"

1992

Manchmal, wenn wir streiten

Manchmal, wenn wir streiten,
spielen wir geteiltes Deutschland:
Du natürlich die DDR,
meine Erfassungsstelle für deine Straftaten in
SALZGITTER arbeitet dann rund um die Uhr.
Wenn wir streiten, hilft keine Lektüre,
auch keine Flucht vor der Uhrzeit, im Flugzeug, nach Westen –
wir nehmen den Riß mit, überallhin.
Sicher, in den Augenwinkeln
toben weiter alle anschaulichen Kriege des Planeten,
und es gibt Menschen, die Gemetzel überleben,
nur um danach wie der Blitz zu verkrebsen,
aber manchmal zählen nur wir.
Zwischen den auseinandergerückten Betten ein Spalt,
der kitschiger wird von Stunde zu Stunde.
Wir stellen uns windige Wortwechsel aus,
die Barschaft an Bitterkeit sinnlos verpulvert,
bald lehnen wir flau an den Weingläsern,
ein Baum wird sich finden am Wegesrand,
um den wir uns wickeln, weich und erhitzt.
Die letzten Vergleiche lehnen jede Verantwortung ab:
Du wünscht dich in ein Hotel unter Palmen,
ganz für dich allen, auf dem Dach
bewaffnete Posten, damit bloß kein Neger
am Pool zu musizieren versucht.
Ich träume (weißt du noch,
unser Gang durch IKEA?
Vorbei an den rosigen Müttermedusen,
in denen die Zukunft kobolzt?)
von einem IKEA des Körpers,
Bauchnabel "Björn", Arschloch "Sven",
da würde ich was kaufen.
Wir stehn auf dem Balkon, den Wind im Rücken,
und jeder drückt dem anderen ein Auge zu.
Unser Sohn dreht die Kugel seiner knallbunten Rassel
mit Galileischem Grinsen.

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