Mallorca auf dem Mars

Erinnert sich eigentlich noch jemand an
RENATE WALLERT? Die Göttinger Musiklehrerin,
deren schmerzverzerrtes Gesicht auf dem Bildschirm
der Industrie zwölf Wochen lang die Werbespots verhagelte,
Mitte bis Ende Fünfzig, sah aber älter aus, als sie
aus dem Inselduell, diesen Hardcore-Jungle-Container auf den
Philippinen rauskam. Schon vergessen? Naja, kein Wunder,
von ihrer ersten Single danach hat man ja auch
buchstäblich gar nichts gehört, ein totaler Flop,
im Gegensatz zu Zlatko, Jürgen, John, Andrea hat sie
irgendwie die Kurve nicht gekriegt,
was macht die auch mit Fünfzig Plus so eine
Realgeiselkiste mit, in dem Alter
bist du doch eh schon kommerziell tot,
und außerdem hat sie uns etwas anderes bewiesen
als Zlatko, Jürgen, John und Andrea,
etwas, das wir überhaupt nicht wissen wollen:
Wir sind nämlich nicht nur dämlich,
wir sind auch verwundbar.
Unsere Pauschalparadiese haben Krätze und Hunger
und wir nirgendwo mehr unsere verdiente Ruhe.
Renate, dein Name verbindet sich von nun an
mit der Erkenntnis: Das Paradies ist
von wirklichen Menschen verseucht,
wir brauchen mehr als Urlaub,
ein neues Jerusalem,
ein Mallorca auf
dem Mars.