Wohl bekomms

Immer aß ich was auf den Tisch kam
wenn nichts auf den Tisch kam
aß ich nichts
so wäre ich gegebenenfalls auch gestorben
nie hätte ich mir genommen
nie überhaupt gesucht
für einen deutschen Jungen der noch erlebt hat
wie in seiner Kleinstadt die erste Pizzeria aufmachte
bin ich anständig grundversorgt worden
die Eltern schluckten sowas Ausländisches nie
Gastarbeiter waren Mitesser auf der Haut des Volkes
die sich schon wieder spannte wie ein Kriegstrommelfell
komm Herr Jesus und sei unser Gast
und segne was du uns verwehret hast amen
erst kommt das Fressen
denn das ist oral
Bauknecht weiß was Frauen wünschen
doch er sagt es ihnen nicht
niemand weiß was Männer wünschen
und wenn sie davon reden irren sie sich
Freunde genießt den kalten Krieg
der Frieden wird fürchterlich
fettes Fleisch in rohen Mengen
braune Soße
über allem braune Soße
Spaghetti waren was für Snobs
bei uns gabs Makkaroni
immerhin so fremdenfreundlich war man
da hatte man mehr Teig im Maul
Verwandtenbesuche waren Gottesdienste
zum Angedenken an die Materialschlachten
Eierhandgranatenfrühstück
mittags tote Schweineteile tellerminengroß
dann Kaffee und Kuchen mit pampiger Sahne
wie der Schlamm vor Moskau Herbst einundvierzig
Abendbrot macht Bangen tot
da habt ihr den Salat ihr Gulaschkanonen
und schließlich Klimmzüge an Salzstangen
das Versäumte im Leben in Fusel ersäuft
wie ein Wurf junger Katzen im Teich
Magendurchbruch der Feind steht innen
Luftröhrenbrücke jeder Davongekommene
war ein erstickendes Berlin
und alles schmeckte nach Hauen und Stechen
Biegen und Brechen
Hängen und Würgen
und letzten Endes nach brauner Soße
stinkender blubbernder brauner Soße
Schwarzwälder Kirsch unter röhrendem Hirsch
stocksteif und scheintot auf Stühlen die
in Texas elektrische wären
mit Gänsekeulen erschlugen sich Kain und Kain
Abel war bekanntlich ein russischer Spion
die Hitze des Wohnzimmerhasses nur noch in Stalingrad meßbar
immer aß ich was auf den Tisch kam
wenn nichts auf den Tisch kam aß ich nichts
und so habe ich auch mein Leben lang
geliebt