Titelseite von "Mücken und Elefanten"

1992

Wenn der Vorfilm vom Hauptfilm träumt

In Bonn sind die dicksten Minister geplatzt.
Aus ihren Bäuchen ergießen sich Störenfriede
und Menschenfreunde, schockweise. Spinnengeburt.
Die Frankfurter Bänker schwitzen,
daß ihr Panzerglas beschlägt.
Plötzlich fühlen sie sich in ihren Nadelstreifen
wie hinter Gittern. Aber keine Angst,
ich bin nur der Vorfilm, das Eiskonfekt.
Wenn sich der Vorhang zum zweiten Mal hebt,
werdet ihr wieder wie üblich betrogen.
An mir liegt's nicht, wenn ihr den Platzanweisern
mehr glaubt als den Bildern. Ihr Bewohner
der multiplen Betonsklerose, Trübsaltrinker
aus Flußkrampfadern, ihr seid nicht gerne traurig, stimmt's?
Spielt lieber Betamax und Mikromoritz,
im Krebsgang von einer Plage zur nächsten,
die Seele eine leere Garage,
wer Mittagspause macht, ist ein Looser,
so wuppt ihr wie gesengte Säue
unsere graublaue Billardkugel durchs All,
unsere Signale an andere Welten klingen da draußen wie Kichern.
Immer geradeheraus auf dem Verbrannte-Erde-Highway 2000,
bis zum letzten Reklameschild vor dem Abgrund:
JESUS SAVES ... YOU MONEY.
Ungeile Kopfwichse, nennt ihr solche Bedenken,
aber nehmt wenigstens die Finger aus dem Höschen,
wenn ihr von mir sprecht,
von mir, dem mulmigen Vorfilm.
Keine Angst, gleich kommt E. T. zurück,
läßt sich alle heißen Eisen gleichzeitig auf der Zunge zergehen
und dann dürft ihr wimmernd vor Glück nachhause.
Ihr müßt nur noch mich überstehen,
und das, was dabei rauskommt,
wenn der Vorfilm vom Hauptfilm träumt.

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