Cover des Buches "Deutsche Wertarbeit"

1984

Leben nach der Zukunft

In meinem neuen Japaner hab ich gar kein Gefühl mehr
für die Geschwindigkeitsbegrenzung innerhalb geschlossener Ortschaften.
Du fährst sechzig, siebzig, kommst kaum
vorwärts. Anders allerdings
in Osnabrück! Vierzig, und du meinst,
der Fahrtwind drückt Dir schon die Augen ein.
Auch heult der Motor dann. Und das sind die Momente,
auf der Ausfallstraße, in der Dämmerung, wo Du Dich plötzlich fragst,
was aus den anderen geworden ist, nach den Examina,
die Du keinem gegönnt, den Unfällen, Einberufungen, Vaterschaften,
von denen Du gehört hast, irgendwo, am Rande.
Ganz kleinklaut wirst Du plötzlich.
Gibt es ein Leben nach der Zukunft?
Die Monster, die Galaxientouristen
waren schon in den Fünfzigern da, Du mußt mindestens
bis Neuseeland fahren heute, um noch diese Autos,
Hosen, Hüte zu erleben, in denen man sie empfing, bekämpfte.
Du sitzt auf einem stillgelegten Stern,
da führt kein Weg dran vorbei,
die ganze Welt ein Winsen an der Luhe.
Bis endlich auf der linken Seite ein Supermarkt auftaucht,
Du hältst an, gehst rein, holst Dir die neue Platte
von den Stones und einen Sechspack Bier,
bezahlst, spielst mit dem Wechselgeld,
die Preise blinken auf den Monitoren,
die Frage des ältlichen weiblichen Leutnants aus dem Cockpit, ob Du
eine Tüte brauchst, wird überhört,
es zwitschert, wenn sie Zahlen tippt,
wie Ziervögel.

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