Gelöbnis

Als Freund des Fremden
und Bewohner des Eigenen
als gläubig Staunender
und Soldat der Phantasie gelobe ich
den Wert der Unterschiede tapfer zu verteidigen
gegen das Verschwinden des Wertvollen zu kämpfen
das Verallgemeinern des Einzigartigen
gegen Einebnung
Gleichmachung
Auslöschung
ich gelobe
meinen Nächsten zu betrachten wie mich selbst
das Eine an ihm auszuhalten
wie das Andere an mir
in der festen Überzeugung
daß man nicht über alles reden kann
aber über viel mehr als die meisten
sich heute noch vorstellen können
die Dämmerung des Neuen Unmenschen hat begonnen
des Wahrnehmungskrüppels
des leeren problemlosen Monstrums
das alles und jeden vernichten will
in seiner sinnlosen sinnenlosen Verzweiflung
ein Ungeheuer
schrecklicher als alles was je aufrecht ging
sein Gewissen ein Schaltkreis
sein Gedächtnis eine Festplatte
seine Vorstellungskraft ein Zeigefinger
auf dem Mausklick
oder gleich am Abzug der Schnellfeuerwaffe
als Leser der Luft
und Schreiber des Feuers
als Leichtmatrose der Neugier
und Glücksspieler der Mühe gelobe ich
das Reich in den Grenzen der Sprache zu verteidigen
das Paradies der Bilder
und den Ozean der Töne
unter Einsatz meines Lebens
das ist immerhin etwas
das ist allemal besser
als das Nichts