Titelseite von "Klärwerk"

1999

Endlich Cowboys statt Indianer

März 1999.
In dem Monat, in dem der Bauer bekanntlich
wie jedes Jahr die Rößlein anspannt, dürfen
deutsche Soldaten erstmalig seit vierundfünfzig Jahren
das Büchslein spannen – das Blechbüchslein, das fliegende,
düsende, milliardenschwere. Dazu auch noch
Bombenwetter über Ostern vorhergesagt, damit sich die
letzten versprengten Überlebenden der Friedensbewegung
auch richtig sonnigen Herzens ärgern können.
Vierundfünfzig Jahre, länger als ein Pilotenberufsleben
hats gedauert, bis Deutsche in diesem deutschen Jahrhundert
endlich Cowboys sein dürfen statt Indianer.
Die Guten also. Von der westlichen Wertegemeinschaft
(Dow Jones, Dax und die kleine Mißgeburt Euro) gedeckt,
die am Abend des Angriffs nach zügiger, pflichtschuldiger
Betroffenheit nichts Besseres zu tun hat,
als auf dem EU-Gipfel um Subventionen zu feilschen
wie auf dem schlimmsten Bazar und unserem Kanzler-Azubi
das letzte Gucci-Hemd auszuziehen. Schwamm drüber.
Das ist ja eh unsere Stärke:
Die neue deutsche Unbeeindruckbarkeit.
Ein feste Burg ist unser Gerd.
Und wenn wir nach getaner Arbeit in den Sonnenuntergang reiten,
dann ist das noch lange nicht der des Abendlandes,
sagen die Obersheriffs Schröder und Fischer.
Die Rollen stehen ihnen gut, ein niedersächsischer
Rock Hudson (wenn Sie den Vergleich entschuldigen,
Doris KÖPFSCHRÖDER) und ein hessischer Richard Widmark ... –
oder hätten Sie sich ernsthaft Helmut Kohl
als John Wayne vorstellen können?
Erleichternd allerdings, daß Rudi The Kid Scharping
nicht selber ziehen muß im Duell mit Buffalo Mill Milosevic,
höchstens die Konsequenzen, wenn dessen Flak schneller ist
als unsere Jungs.
Kommt heil nachhause, Jungs!, titelt Deutschlands größte Zeitung.
Dem schließe ich mich vorbehaltlos an.
Das heißt, nicht ganz:
Bitte möglichst nicht am 1. April,
und bitte:
Kommt nicht mit HEIL! nachhause, Jungs.

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