Titelseite von "Mücken und Elefanten"

1992

Alles gesagt

Es ist alles gesagt.
Dem ist nichts hinzuzufügen.
Ich wiederhole mich ungern.
Alle Pläne liegen auf dem Tisch,
offen einsehbar.
Keiner gilt was im eigenen Lande.
Alle Prophezeiungen sind eingetreten.
Wir warten auf die, die schon gekommen sind.
Wir warten auf das, was schon begonnen hat.
Uns erwartet keiner mehr.
Keiner weiß weiter.
Und es gibt Brillen gegen das Weiterwissen.
Wenn du sie aufsetzt, erkennst du:
Der ganze Film läuft rückwärts,
und du, mittendrin, bemühst dich,
deinerseits ebenfalls rückwärts laufend,
um normalen Gang.
Darum siehst du so komisch aus.
Es ist alles gesagt.
Nichts ist verschwiegen worden.
Das ist das Problem.
Vielleicht funktionierte noch Schweigen:
Fernseher, Radios ganz ohne Ton,
Schallplatten rillenlos,
Zeitungen blütenweiß,
Schweigen auf dem Fußballplatz, auf dem Kasernenhof,
im Konzert, im Plenarsaal, im Bett.
Eine einzige Schweigeminute für die Welt,
von allen eingehalten,
dann wäre es uns möglicherweise,
als sei überhaupt noch nichts gesagt.

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