Cover des Buches zum Musical "Ein Sommernachtstraum"

2004

Fun ist hier angesagt – Heinz Rudolf Kunzes "Sommernachtstraum"

Heinz Rudolf Kunze und Heiner Lürig im Gespräch

Auszüge aus einem Gespräch, das Thomas Schaefer und Rudolf Schmitt vom Satzwerk Verlag am 17. Juli 2003 im Madagaskar Studio in Wedemark mit Heinz Rudolf Kunze und Heiner Lürig führten. Das vollständige Interview ist im Buch Ein Sommernachtstraum abgedruckt.

Satzwerk: "Kunze meets Shakespeare" – wie ist es zu dieser auf den ersten Blick ungewöhnlichen Begegnung gekommen?

Kunze: Das Ganze begann um die Jahreswende 2001/2002 mit einem Anruf von Wolfgang Besemer, dem größten hiesigen Konzertveranstalter, der mir sagte, er würde gerne einen Kontakt herstellen zu Gerhard Weber, dem Intendanten und Regisseur der Landesbühne Hannover. Der hatte sich in den Kopf gesetzt, ein Shakespeare-Stück mit einem neuen Tonfall, mit einem anderen Grundgefühl, zu inszenieren und schlug ein Treffen vor, um die Bühne, das Gartentheater im Schloßpark Herrenhausen, zu besichtigen. Anfang Januar 2002 ist es zu diesem Treffen gekommen, bei schneidender Kälte. Man konnte sich nur mit Mühe vorstellen, wie das Theater im Sommer aussehen würde. Aber auch schon so, im kalten Winter, sah das Gelände recht beeindruckend aus, sehr passend.

Diese ersten Gespräche waren, auch von Webers Seite, noch etwas verhalten. Ich hatte zunächst den Eindruck, es gehe ihm um ein reines Theaterstück, allenfalls mit ein wenig Garnierungsmusik zum Anfang und zum Schluß und vor der Pause und nach der Pause zum Wiederreinfinden. Mehr konnte er sich zunächst auch gar nicht vorstellen. Weber wollte primär einen anderen Zungenschlag haben, einen anderen Tonfall, und das war's. Daraufhin habe ich ihm vorgeschlagen, den einen oder anderen Song in das Stück zu integrieren. Und ich habe vorgeschlagen, mit Heiner Lürig zu kooperieren. Zum einen, weil ich im Jahr 2002 noch ein eigenes Album zu machen hatte, zum anderen komponiere ich zwar auch, aber doch nicht so viel und nicht hauptsächlich. Für Heiner sprach zudem, daß er auch in der Region lebt, das verstärkt die lokale Anbindung der Arbeit, und schließlich sagte Weber: "Gut, dann macht doch mal". Das haben wir dann getan: Schon bald gab es die ersten Songs auf Demo, und die gefielen Gerhard Weber sehr gut. Ich spürte, wie sich das Gewicht bei ihm in Richtung Musik verlagerte und schlug ihm eine Inszenierung vor, die zum Musical tendierte, zumindest eine Mischform.

Satzwerk: Stand denn am Anfang schon fest, daß es der "Sommernachtstraum" sein sollte?

Kunze: Das stand von Beginn an fest. Was wir aber nicht wußten, war, daß Sommernachtstraum-Aufführungen in Herrenhausen Tradition haben, daß sie das Stück in anderen, älteren Versionen hier in der Vergangenheit bis zum Abwinken gespielt haben. Das habe ich erst erfahren, als ich mit der Arbeit schon fast fertig war. Gott sei Dank!

Lürig: Das hätte uns auch eher befangen gemacht: die Vorstellung, gegen eine zwanzigjährige Tradition anzuarbeiten! So sind wir eigentlich sehr locker an das Projekt herangegangen und haben erst mal überlegt, wie man das Stück überhaupt strukturieren kann, an welchen Stellen man Songs einbauen kann und ähnliches. Das waren die ersten Schritte.

Kunze: Dabei merkten wir bald, daß Gerhard Weber und der Dramaturg Peter Oppermann relativ wenig Erfahrung mit Musik hatten. Vor allem was die Länge der Aufführung betrifft, mußten wir ihnen klarmachen, daß Musik Zeit kostet. Da gibt es Refrains, die sich wiederholen, da gibt es auch mal ein Solo ... Das heißt: Das Stück dauert dadurch einfach länger, man muß also überlegen, wie man mit der Textmenge klarkommt. Daraufhin machte Peter Oppermann Streichvorschläge. So wurde von Gespräch zu Gespräch die Gewichtung von Musik und gesprochenem Text immer mehr verschoben, jetzt liegt sie ungefähr bei halbe-halbe, es ist schon fast mehr Musik als Gesprochenes. Trotzdem stellt sich mir die Frage: Ist das wirklich ein Musical? Ich bin mir nicht sicher. Es ist am Ende so genannt worden, weil uns allen kein besserer Begriff eingefallen ist.

Lürig: Wir haben uns zuerst dagegen gesträubt, wir wollten es nicht Musical nennen. Für uns ist das kein Musical. Ich habe es am Anfang "Shakespeare and Songs" genannt. Das war aber natürlich nicht das Richtige, um für die Aufführung zu werben. Es hat ja wirklich reine Sprechpassagen und dann, wenn gesungen wird, wieder eine ganz andere Stimmung. Beides zusammen ergibt eine bestimmte Form, aber das ist noch kein Musical.

Satzwerk: War das denn bei den früheren Musicals, deren Textfassungen Du geschrieben hast, anders, bei Miss Saigon zum Beispiel, bei Les Misérables oder Rent?

Kunze: Bei den Franzosen, mit denen ich arbeiten durfte, war das sehr opernhaft durchkomponiert, mit nur sporadischen gesprochenen Übergängen hier und da. Rent war ein Rockmusical mit ein paar wenigen gesprochenen Passagen – die Arbeit war also anders als beim Sommernachtstraum. Wenn der Begriff nicht so nach Schulunterricht klingen würde, würde ich sagen: Der Sommernachtstraum ist ein Singspiel.

Satzwerk: Wie ist die Arbeit an den Songs und dem Text konkret verlaufen? Gab es erst die Musik oder erst den Text oder verlief der Prozeß parallel?

Lürig: Heinz ist mit dem Texten immer ein bißchen vorne gewesen, und ich habe gewartet, bis der nächste Text fertig war. Ich hatte dann die Gelegenheit, an dem Material, das er geschickt hatte, schon zu feilen, teilweise aber auch zunächst nur Grundideen festzulegen. Von manchen Stücken habe ich mehrere Versionen gemacht und mich dann am Ende für eine entschieden. Nur in zwei Fällen habe ich Heinz die Musik vorgegeben, und er hat dann reagiert und den Text dazu gemacht.

Kunze: Was bei unserer früheren Zusammenarbeit ähnlich war: Meist war zuerst der Text da.

Satzwerk: Aber ihr hattet ungefähr festgelegt, wie viele Songs es werden?

Kunze: Irgendwann gab es mal einen Schlachtplan. Da haben wir uns das Stück angesehen und festgelegt: An dieser oder jener Stelle muß ein Song eingebaut werden. Wenn sich beispielsweise Puck den Elfen vorstellt oder wenn Helena mal wieder darüber nachdenkt, wie schlecht es ihr geht und daß sie von ihrem Geliebten nicht wahrgenommen wird. So kristallisierte sich ein Aufkommen von fünfzehn, sechzehn Songs heraus.

Lürig: Es gab später noch mal eine Arbeitsphase, in der ich die ganze Musik gekannt habe und den Gesamteindruck überblicken konnte. Dabei fiel mir auf, daß teilweise noch Überleitungen oder Hinleitungen fehlten, daß es Überlängen gab und ähnliches. Daraufhin habe ich etliches gestrichen, eine Stelle habe ich noch mal komplett neu komponieren müssen, weil in der Inszenierung ein Bühnenumbau vorgesehen wurde – inszenierungsabhängige Änderungen. Als letztes habe ich die Atmosphären gemacht, die bei der Aufführung eingespielt werden und bestimmte Situationen unterstützen. Zum Beispiel, wenn auf der Bühne Wände weggerollt werden, und der Blick in die Tiefe des Waldes geht. Das war der letzte Feinschliff.

Satzwerk: Hat es während der Proben eine Zusammenarbeit mit den Schauspielern gegeben, beispielsweise Kritik oder Vorschläge von ihrer Seite? Oder gar eine gemeinsame Entwicklung der Inszenierung?

Kunze: Das eigentlich weniger. Wenn, dann kam so etwas über das Sprachrohr von Gerhard Weber. Die Schauspieler waren eigentlich sehr fügsam.

Lürig: Dennoch gab es sehr eindrucksvolle Erlebnisse mit dem Team: Wir haben beim ersten Zusammentreffen mit dem ganzen Ensemble an einem langen Tisch gesessen, und das Stück wurde mit verteilten Rollen gelesen. Das war für mich ein sehr bewegender Moment, weil das Stück plötzlich Leben bekam, nur, indem es vorgelesen wurde. Man hörte noch keine Musik, jeder las einfach seinen Songtext vor. Allein dadurch kriegte dieser Text plötzlich ein Gesicht: Aha, so lebt das Ganze! Seit dem Tag wußte ich: Das wird funktionieren!

Satzwerk: Ich kann mir vorstellen, daß man auch Angst davor hat, daß ein Witz nicht funktioniert. Als ich das Stück zum ersten Mal gelesen hatte, habe ich mich zum Beispiel gefragt, ob man voraussetzen kann, daß eine zeitgeschichtliche Anspielung wie das von Bottich angewandte Ulbricht-Zitat "Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten" verstanden wird.

Lürig: Die Wirkung liegt am Schauspieler, der das vorgetragen hat ...

Satzwerk: Am Lachen der Leute war zu erkennen, daß sie das Zitat zuordnen konnten. Es muß aber doch eine grundsätzliche Spannung sein, ob eine Pointe funktioniert, die nicht so eindeutig ist wie Lysanders Kalauer "Liebste, nun bin ich erwachsen! Ich geh mit dir, wohin du willst. Und sei's nach Niedersachsen" ...

Kunze: Diese Angst hast Du aber immer. Wenn ich auf Tournee gehe mit neuen Sprechtexten zwischen den Songs, kann ich auch nur hoffen, daß ich inzwischen einen Tonfall kultiviert habe, der mir Sicherheit gibt, daß ich weiß, welcher Kalauer funktioniert. Trotzdem ist man anfangs immer unsicher. Es kommt dann auch vor, daß man einen Text wieder zurückzieht oder ersetzt.

Lürig: Ähnlich ist es ja auch mit einer Melodie oder einem Stückende. Wenn ich merke, das sackt weg oder hat keine Spannung mehr, bin ich der Erste, der aufsteht und sagt: Weglassen.

Kunze: Gerade bei dem Theaterklamauk mit dem Handwerker-Stück im Stück habe ich mich schwergetan, denn das Original, beziehungsweise dessen deutsche, altväterliche Versionen, sind als Lektüre ziemlich mühsam. Da fand ich die Witze doch etwas abgestanden. Das gefiel mir alles nicht. Gerhard Weber hat mich bestärkt, indem er mich aufforderte: "Scher dich nicht drum, mach das in deinen eigenen Worten, erzähl ungefähr, was Shakespeare gedacht hat. Mach bloß keine reine Übersetzung, sondern nimm Kalauer von heute, die die Leute auch nachvollziehen können". Und dann klappte es auch plötzlich, nachdem ich mich zuvor beim Versuch, streng bei der Fahne zu bleiben und das genau zu übertragen, ziemlich kläglich gefühlt hatte.

Satzwerk: Das ist ja ein grundsätzlicher Knackpunkt: die Auseinandersetzung mit der langen Traditionslinie von "Sommernachtstraum"-Aufführungen auf der Bühne oder auch mit der populären Kinoversion. Kommt da nicht eine generelle Berührungsangst auf, eine Ehrfurcht, die lähmt?

Kunze: Im Gegenteil: Das hat geholfen! Gerade der Film mit Kevin Kline hat enorm geholfen. Warum soll ich es verschweigen: Allein auf dem Papier erschien mir das Stück gar nicht so lebhaft, eher etwas weit weg. Und das dann mal von so großen Leuten realisiert zu sehen, zu erleben, wie es Leben annimmt, das macht einem Mut, und man kann sich dann vorstellen: Aha, so sieht das also aus, wenn es ein guter Mensch bringt. Das hat mir weitergeholfen. Ich habe das Stück dann noch mal mit Heiner im Hamburger Schauspielhaus gesehen, mit Peter Lohmeyer als Oberon, und auch das war nützlich. Ich hatte den Eindruck: Das ist sehr gut, aber ich möchte es nicht so machen, weil mir das Ganze da zu düster angelegt war. Da war das Grelle, Lustige, Derbe und Volkstheatermäßige sehr runtergespielt zu Gunsten einer Fritz-Murnau-artigen Nosferatu-Auffassung. Das war doch alles sehr spooky. So wollte ich es nicht machen. Aber es war ganz wichtig, zu erkennen: Aha, so geht es auch – aber bei mir bitte nicht.

Satzwerk: Das heißt: Es gibt auch keine Angst davor, daß die Kritik die Nase rümpft über einen modernen "Sommernachtstraum", in dem Lysander "tough shit" sagt?

Kunze: Natürlich wirkt so eine Unflätigkeit wie "tough shit" nur, wenn es auch andere Passagen gibt, die man dagegenhalten kann, in denen richtig gravitätisch und altväterlich gesprochen wird. Nur dann ist der Witz da, nur dann kann man sich so einen "Ausrutscher" erlauben.

Satzwerk: Wie bist Du denn grundsätzlich mit dem Original und den diversen Übersetzungen umgegangen? Es gibt zum Beispiel wortwörtliche Übernahmen aus der bekannten Übersetzung von Erich Fried, die überhaupt ein Vorbild gewesen zu sein scheint.

Kunze: Eher Frank Günther, dessen Fassung in den letzten zehn Jahren häufig am Theater gespielt wurde. Während ich die klassische Schlegel-Übersetzung nur gelegentlich verwendet habe, hatte ich während meiner Arbeit die von Fried und Frank Günther und dazu das englische Original immer aufgeschlagen auf dem Schreibtisch liegen und habe mich gefragt: Was kann ich damit machen? Ich habe allerdings relativ wenig übernommen und gerade im Vergleich zu Frank Günther versucht, noch eine andere, eigene Nuance zu finden. Dennoch werden Überschneidungen unvermeidlich sein.

Satzwerk: Und die "Botschaft" der Kunze-Fassung? "Fun ist hier angesagt" ist eigentlich ein schönes Motto. Man könnte ja sagen, daß es darum geht, Shakespeare zu aktualisieren, zu "entstauben". Zumindest in der Aufführung hat der Spaßfaktor doch ein sehr deutliches Gewicht.

Lürig: Obwohl das Fun-Motto ja eigentlich nur für die kleine Szene gilt, in der Theseus seine Bediensteten oder seine Gäste unterhalten will.

Kunze: Theseus ist ja ein Zyniker. Der darf eigentlich nicht recht behalten! Wer recht behält, ist auf alle Fälle Puck. Der ist ja eigentlich der Motor des Stückes, derjenige, der am meisten macht und in Bewegung bringt. Und Puck hat am Schluß so eine Art versöhnende Funktion: das Publikum um Entschuldigung für den ganzen Quatsch und Irrsinn zu bitten. Ich stelle ihn mir als jemanden vor, der sich stellvertretend für alle die Frage stellt, was wir – außer Spaß gehabt zu haben – aus der ganzen Geschichte gelernt haben. Und was haben wir gelernt? Daß Liebe eben eine sehr unsichere Sache ist, die jederzeit durcheinandergeraten kann. Ein Wald, eine Nacht im Wald, genügt, und nichts gilt mehr, und alle können sich verwirren. Gerade dieser Schluß war in Hamburg sehr dämonisch, kinskimäßig. Ich wollte ihn ein bißchen "netter" haben – für die ganze Familie quasi.

Satzwerk: Das Stück ist ja auf der einen Seite ein großer Spaß, auch die Handwerkerszene ist bei Shakespeare schiere Klamotte ...

Lürig: Wir haben den Klamauk verstärkt durch den Songtitel, den wir in das Handwerkerstück integriert haben: Dein ist mein ganzes Herz wertet die ganze Szene noch mal richtig auf. Es paßt aber auch so gut da rein ...

Kunze: Wie auch immer: Jetzt können wir nur noch hoffen, daß das Stück seinen Weg geht. Die Informationen, die man über den Zuspruch bekommt, sind ja durchaus vielversprechend, so daß vielleicht der Plan aufgeht, daß es mehrere Jahre lang im Sommer in Herrenhausen gespielt wird.

Satzwerk: Und an anderen Bühnen!

Lürig: Das glaube ich auch. Aber zunächst muß es sich hier durchsetzen, und es muß sich herumsprechen, daß wir in Hannover ein Stück auf die Bühne gebracht haben, das von der ersten bis zur letzten Aufführung ausverkauft ist, damit ab 2005/2006 Interesse aufkommt, es auch andernorts zu spielen. Erst dann ermöglicht die vertragliche Situation eine Übernahme durch andere Bühnen. Wir haben Herrenhausen zwei Jahre Exklusivität zugesichert. Das entspricht ja auch dem Interesse der Stadt, die sich an der Aufführung beteiligt hat, zusammen mit Sponsoren. Es geht darum, daß das Stück ausstrahlt und Leute nach Hannover lockt, daß die Phase der "Nach-Expo-Delle" mit interessanten Projekten überbrückt wird.

Kunze: Deshalb ist es gut, daß Gerhard Weber das Projekt im richtigen Moment eingefallen ist. Es gibt in Hannover ein Katergefühl nach der Expo, die für die Stadt ein unglaublicher Höhepunkt war. Vermutlich hätte es auch andere Möglichkeiten gegeben, etwas für Hannover zu tun – auch für uns. Aber wenn wir zum Beispiel einen Hannover 96-Song produziert hätten, wäre das denn doch nicht so prickelnd gewesen wie dieses Stück.

Satzwerk: Warum nicht? BAP zum Beispiel hat eine grandiose Hymne für den 1. FC Köln gemacht.

Lürig: Ich finde, daß unsere Arbeit beim Thema Shakespeare besser aufgehoben ist.

Kunze: Inzwischen ist die Kombination Rockmusik und Fußball auch ein bißchen zu ausgelutscht. Das macht ja nun wirklich fast jeder.

Satzwerk: Obwohl, wie gesagt: Der BAP-Song vom FC Köln ist großartig. Es läuft einem richtig den Rücken runter, wenn die Südtribüne ...

Lürig: Ja?

Satzwerk: Jaja. Aber das liegt natürlich nicht an BAP, sondern am FC. Ich habe mir sogar überlegt, ob ich mir die Aufnahme kaufe, habe es dann aber doch nicht gemacht. Wenn ich dann allein zu Hause vor dem Fernseher sitze ...

Lürig: Glaubst Du, daß es gut ist, so einen Song zu Hause alleine zu hören?

Satzwerk: Ich meinte ja: Das ist so deprimierend.

Kunze: Das ist aber der wahre Fan! Fernseher an, Schal um und ...

Satzwerk: ... vor der Sportschau mit einer Fahne ... Jetzt hatten wir uns lauter kluge Fragen ausgedacht und ... ach ja: die Halbwertzeit des Textes. Es gibt ja zahlreiche Anspielungen darin, die sich auf aktuelle Zusammenhänge beziehen: Das Merk- und Markwort "Fakten, Fakten, Fakten" zum Beispiel. Im Moment ist das lustig ...

Kunze: Das ist natürlich ein Problem, aber es ist unlösbar. Man muß sich ihm stellen und damit leben, daß manches in absehbarer Zeit nicht mehr verständlich ist, oder man muß das Stück immer wieder dem Zeitgeist anpassen. Aber ich glaube, daß der Zugewinn, der sich durch aktuelle Anspielungen ergibt und das Lachen der Leute darüber, größer ist als ein Schielen nach Dauer. In unserer "schnellebigen Zeit" auf eine zeitlose Version zu setzen, ist sicher der falsche Weg. Wer weiß, ob es in zehn Jahren überhaupt noch Theater gibt.

Thomas Schaefer & Rudolf Schmitt, Satzwerk Verlag, März 2004

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