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2003

In alter Frische

Heinz Rudolf Kunze hofft auf "Rückenwind" und geht auf Tour

"Popmusik gehört verboten, nur dann ist sie was wert", heißt es in einem Text von Heinz Rudolf Kunze. Da ist natürlich was dran, auch wenn's ironisch gemeint ist. Doch nun will es der Pop-Poet, um den es in letzter Zeit etwas ruhig geworden ist, noch mal wissen. Er hat seine Band ausgewechselt, ein neues Album produziert, ein neues Buch geschrieben und Ende April geht er wieder auf Deutschland-Tournee (im großen Bogen um Franken). Und im August hat sein erstes Musical Sommernachtstraum (nach Shakespeare) in Hannover Premiere.

Der optimistische CD-Titel Rückenwind scheint also durchaus angebracht. Der neue Kunze ist ganz der Alte. Will heißen: Der Kreuz- und Querdenker besinnt sich auf seine eigentlichen Qualitäten. Entsprechend hat er auch sein Outfit geändert. Der kreative Neubeginn ist keine musikalische Kehrtwendung, sondern ein Schritt zur Seite, der immerhin eine andere Perspektive bietet. Nach 17 Jahren hat sich Kunze von seinem alten Weggefährten, dem Lead-Gitarristen, Komponisten und Produzenten Heiner Lürig getrennt. Ein junges Team mit Top-Produzent Franz Plasa (Echt, Selig) an der Spitze möbelt den Kunze-Sound kräftig auf. Allerdings muss man schon zwei Mal hinhören, um all die musikalischen Anspielungen mitzubekommen.

Prophet im Niemandsland

Mach auf, die aktuelle Single-Auskoppelung, hat Ohrwurmqualitäten und das Zeug zum Radiohit, der Kunze lange gefehlt hat. Himmelfahrtskommando dröhnt als rotziger Gitarren-Rock, der Titelsong Rückenwind ist eine Liebeserklärung, Da müssen wir durch eine ätzende Durchhalteparole und Prophet im Niemandsland ein ironisches Selbstporträt. Doch bleibt Kunze nicht im Privaten stecken: In Naherholungsgebiet etwa drückt er seine Wut und Enttäuschung über die aktuellen Zustände in Deutschland aus. Insgesamt klingt Kunze auf diesem Album vielseitig, frisch und unverkrampft wie seit langem nicht mehr. Unbequem bleibt er trotzdem.

Das bestätigt auch das neue Buch Vorschuss statt Lorbeeren mit Texten aus den letzten Jahren. Kunze verteidigt damit seinen Ruf als einer der sprachmächtigsten Pop-Poeten im Land. Von Zweifeln geplagt, von Ängsten gejagt, denkt er sich immer neue Rollen- und Gedankenspiele aus: Was wäre, wenn ...? Kunze hat die Fragezeichen der Zeit erkannt.

Steffen Radlmaier, Nürnberger Nachrichten, 10. April 2003

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