Heinz Rudolf Kunze auf der Bühne (Foto von G. Erdmann)

1999

"Was Männer wünschen, weiß man nicht"

Heinz Rudolf Kunze im Brückenforum in Bonn

Bonn. Selbst nach neunzehn Jahren braucht er nur auf die Bühne zu treten, damit sein Publikum in hysterische Klatschorgien verfällt: Heinz Rudolf Kunze, Markenzeichen Brille und Hut. Und frenetisch empfingen ihn auch die Bonner. Daß das Brückenforum nicht ausverkauft war, tat der Stimmung keinen Abbruch.

Beim obligatorischen Dein ist mein ganzes Herz wurde so wild gefeiert und getanzt, daß es den Anschein hatte, als bebe der Saal. Kunze, unser "Mr. Deutschrock", nahm's humorvoll: Mit seinem typischen, verschmitzten "Kleiner-Junge-Lächeln" erklärte er, daß ihm die "Intimatmosphäre" gefalle. Denn realistisch genug ist er, um zu wissen, daß die "Goldenen Achtziger" mit ausverkauften Konzerthallen vorbei sind. "Damals, als wir noch Popstars waren ..." begann er daher und fuhr sich übertrieben theatralisch durchs spärliche Haar ...

Von einer beginnenden Midlife-Crisis kann also keine Rede sein. Im Gegenteil. Gereift ist Kunze, ist bissiger geworden, wie auch die Texte auf seiner neuen Platte Korrekt. In tiefsinnigen Balladen wie Stein oder Pech und Schwefel bittet er seine Angebetete "für mindestens immer" bei ihm zu bleiben, auch wenn sie gerade Lust verspüren sollte, "rückwärts auf ihm in den Sonnenuntergang zu reiten" und versetzt damit in metaphorisch dunkle Träume. Für Liebhaber der "härteren Gangart" ist auf Korrekt ebenfalls etwas dabei: Der Wald vor lauter Bäumen oder, schon hardcoremäßig anmutend Die Peitschen.

Und Heinz Rudolf Kunze, der findige Wortakrobat, hat noch mehr "drauf" als singen, wie seine poetischen Einlagen beweisen, bei denen der "Germanist" zum Vorschein kommt: "Bauknecht weiß, was Frauen wünschen, doch er sagt es ihnen nicht – was Männer wünschen, weiß man nicht.

Und wenn sie es sagen, haben sie Unrecht", erklärte er mit einer Totengräberstimme, begleitet von Raoul Walton auf einem achtsaitigen Fretless-Bass. Politisch, selbstironisch fährt er fort: "Niemand darf mehr Künstler genannt werden. Die Wahren können es verschmerzen, die anderen nicht."

Evelyn Stolberg, Bonner Generalanzeiger, 12. Oktober 1999

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